Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch. Verhinderung der Durchführung einer Betriebsänderung
Leitsatz (amtlich)
Der Betriebsrat kann die Unterlassung einer Betriebsänderung verlangen, wenn und solange das Interessenausgleichsverfahren nicht ausgeschöpft ist.
Normenkette
BetrVG §§ 111, 113 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 28.11.2008; Aktenzeichen 28 BVGa 68/08) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 28.11.2008 – 28 BVGa 68/08 abgeändert.
2. Der Beteiligten zu 2. wird untersagt, die Versetzung von ca. 410 Arbeitnehmern aus den Abteilungen I.T., G. P. und weiterer Personen aus anderen Bereichen vom Betrieb H.-straße in den Betrieb S.-straße fortzusetzen, solange kein Interessenausgleich zustande gekommen oder eine Einigungsstellenverhandlung hierüber abgeschlossen ist.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Unterlassung der (weiteren) Umsetzung von Mitarbeitern der Beteiligten zu 2. aus deren Betrieb in der H.-straße in München (nachfolgend Betrieb M-H) in deren Betrieb in der S.-straße in München (nachfolgend Betrieb M-SM).
Die Beteiligten zu 2. unterhält in M. 2 Betriebe, die Betriebe M-H und M-SM. Im Betrieb M-H sind noch etwa 1.100 Arbeitnehmer beschäftigt. Es besteht ein Betriebsrat mit 17 Mitgliedern.
Die Beteiligte zu 2. plant, die Abteilungen des Betriebes M-H, I.T. (ca. 250 Arbeitnehmer) und G. P. (ca. 50 Arbeitnehmer) mit den Abteilungen im Betrieb M-SM zusammenführen. Dazu sollen ca. 400 Mitarbeiter vom Betrieb M-H in den Betrieb M-SM umziehen. Gespräche unter den Betriebspartnern über einen Interessenausgleich haben bislang zu keinem Ergebnis geführt.
Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 24. Nov. 2009, beim Arbeitsgericht München am selben Tag eingegangen, begehrt der antragstellende Betriebsrat die Unterlassung personeller Veränderungen bis zum Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen.
Er behauptet, die Versetzungen der Mitarbeiter aus dem Betrieb M-H würden bereits vorgenommen.
Der Betriebsrat sieht darin eine Betriebsänderung im Sinne einer Betriebsabspaltung sowie eine Kapazitätsreduzierung. Wegen offener Interessenausgleichsverhandlungen sieht er einen Unterlassungsanspruch gegeben.
Er b e a n t r a g t:
Der Arbeitgeberin wird untersagt, die Versetzung von ca. 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus den Abteilungen I.T., G. P. und weiteren Personen aus anderen Bereichen von dem Betrieb H.-straße in den Betrieb S.-straße fortzusetzen, solange nicht ein Interessenausgleich – gegebenenfalls nach Anrufung der Einigungsstelle – abschließend verhandelt worden ist.
Die Beteiligte zu 2. b e a n t r a g t,
den Antrag abzuweisen.
Sie hält einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG für nicht gegeben. Weiter fehle es an der Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügungsentscheidung.
Schließlich macht sie geltend, dass im Falle der Einstellung der Umzüge ein unverhältnismäßiger Schaden drohe.
Das Arbeitsgericht München hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen. Insoweit wird auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts vom 28. Nov. 2008 (Bl. 34 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen den ihm am 10. Dez. 2008 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 5. Dez. 2008, eingegangen beim Landesarbeitsgericht München am selben Tag, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig begründet.
Er trägt vor, man wolle über die Beschäftigten der Abteilungen I.T. und G. P. weitere ca. 100 handverlesene Beschäftigte aus anderen Bereichen aus dem Betrieb M-H herauslösen. Die Umzüge der Beschäftigten der Abteilung G. P. liefen bereits seit 26. Nov. 2008.
Er b e a n t r a g t:
I. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München 28 BVGa 68/08 vom 28. 11. 2008 wird abgeändert.
II. Der Arbeitgeberin wird untersagt, die Versetzung von ca. 410 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus den Abteilungen I.T., G. P. und weiteren Personen aus anderen Bereichen von dem Betrieb H.-straße in den Betrieb S.-straße fortzusetzen, solange nicht ein Interessenausgleich – gegebenenfalls nach Anrufung der Einigungsstelle – abschließend verhandelt worden ist.
Die Beteiligte zu 2. b e a n t r a g t,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält mangels eines bestehenden Unterlassungsanspruches keinen Verfügungsanspruch für gegeben.
Zudem habe sie die geplante Zusammenlegung der Abteilungen I.T. und G. P. bereits am 27. Juni 2008 geäußert, erst am 24. Nov. 2008 habe der Betriebsrat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.
Schließlich meint sie, es bestehe ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Abweisung des Antrags, da ein Stopp der Umzüge gravierende Nachteile nach sich zöge.
Wegen des Sachvortrags der Beteiligten im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze des Antragstellers vom 24. Nov. 2008 (Bl. 7 ff. d. A.) und vom 5. Dez. 2008 (Bl. 51 ff. d. A.), der Beteiligten zu 2. vom 19. Nov. 2008 (Bl. 2 ff. d. A., Schutzschrift) und vom 15. Dez. 2008 (Bl. 71 ff. d. A....