Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für das Verfahren und für den Vergleichsmehrwert zur Berechnung der Anwaltsgebühren
Leitsatz (redaktionell)
Folgt eine Beschwerdekammer im Interesse der bundesweiten Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Wertfestsetzung und damit verbunden im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bei bestimmten typischen Fallkonstellationen den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission, die im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte niedergelegt sind, derzeit in der Fassung vom 09.02.2018, wird dabei nicht verkannt, dass der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte nicht bindend ist. Die Entscheidung des Erstgerichts ist vom Beschwerdegericht somit nicht nur auf Ermessensfehler zu überprüfen, sondern das Beschwerdegericht hat eine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 12.10.2023; Aktenzeichen 20 Ca 7706/23) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 12.10.2023 - 20 Ca 7706/23 - wird zurückgewiesen.
Der Klägervertreter hat die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG zu tragen.
Gründe
I.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers begehrt im Beschwerdeverfahren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für das Verfahren und für den Vergleichsmehrwert zur Berechnung seiner Anwaltsgebühren.
Die Parteien stritten im Ausgangsverfahren über einen Kündigungsschutzantrag, allgemeinen Feststellungsantrag, Zwischenzeugniserteilungsantrag sowie über einen Weiterbeschäftigungsantrag, der mit der Formulierung "Sollte die Beklagten im Gütetermin nicht zu Protokoll des Gerichtes erklären, dass... ", eingeleitet worden war. Unter Aufhebung des Gütetermins stellte das Arbeitsgericht gem. § 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleich fest, für dessen Inhalt auf Bl.66 ff. d. A. Bezug genommen wird.
Auf Antrag des Klägervertreters hat das Arbeitsgericht München nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 12.10.2023 - 20 Ca 7706/23 - den Gegenstandswert für das Verfahren auf 27.714,04 € und den überschießenden Vergleichsmehrwert auf 19.523,68 € festgesetzt. Für die Begründung wird auf Bl. 99 ff. d. A. Bezug genommen.
Am 25.10.2023 hat der Klägervertreter im eigenen Namen Beschwerde eingelegt; der Gegenstandswert für das Verfahren sei auf 34.642,55 € und für den Mehrwert des Vergleichs auf weitere 49.189,12 € festzusetzen. Zur Begründung nahm er Bezug auf seine "ausführlich erfolgten Darlegungen gemäß Schriftsätzen vom 04.09.2023 sowie 06.09.2023" und führte ergänzend aus:
Für die Festsetzung des Vergleichsmehrwerts sei maßgeblich, worüber die Parteien gestritten hätten, nicht worauf sie sich geeinigt haben. Ein Vergleichsmehrwert sei insoweit festzusetzen, wenn Ansprüche streitig verhandelt und diese in einem Vergleich geregelt worden seien. Im Anschluss an die Rechtsprechung des LAG München in den Verfahren 8 Ta 71/20, 7 Ta 161/22, 7 Ta 177/22 und im Übrigen 3 Ta 59/23 sei für den Streit über den Inhalt des Zwischenzeugnisses ein Vergleichsmehrwert festzusetzen. Zwischen den Parteien sei die Bewertung, die Unterzeichnung als auch die Frage der Hol- und Bringschuld streitig verhandelt worden. Die Beklagte habe, wie sich aus dem Streit über die variable Vergütung hinsichtlich der individuellen Leistungen des Klägers ergebe, dabei behauptet, dass der Kläger keine sehr guten Leistungen, sondern schlechte Leistungen mit einer maximal guten bzw. befriedigenden Bewertung erbracht habe. Erteile der Arbeitgeber nach Auffassung des Arbeitnehmers ein unrichtiges Zwischenzeugnis, müsse er in einem weiteren Verfahren, wenn das Verfahren abgeschlossen sei, auf Berichtigung (Erfüllung) des Zeugnisses klagen. Der Gegenstandswert für dieses Verfahren betrage ein (weiteres) Bruttomonatsgehalt. Es bestehe auch keine wirtschaftliche Identität zwischen dem Zwischen- und Endzeugnis. Insoweit sei ein weiterer Streitgegenstand gegeben, der nach dem prozessualen Streitgegenstandsbegriff getrennt von dem Streitgegenstand des Zwischenzeugnisses sei. Zwischen den Parteien sei zudem die Dankes-, Bedauerns- und Schlussklausel streitig verhandelt worden.
Für die Regelung über das Outplacement sei ein Vergleichsmehrwert anzusetzen. Da der Prozessvertreter des Klägers gegen die Beklagte bereits mehrfach vertreten habe, sei ihm bekannt, dass die Beklagte regelmäßig ein Outplacement in Höhe von 20.000,00 € bei Beendigungen regele. Dementsprechend habe der Kläger einen Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht, den die Beklagte zunächst abgelehnt habe. Mit der Regelung sei der entsprechende Streit beigelegt worden und ein weiteres Verfahren, bei dem die Parteien wiederum ihre eigenen Anwaltskosten zu tragen gehabt hätten, vermieden worden. Gleiches gelte für die Möglichkeit der Aufkündigung (sog. Turboklausel). Auch damit sei ein Streit und eine Ungewissheit beigelegt worden. Die Aus...