Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Bewertung eines Antrags auf Erteilung eines Nachweises nach § 2 NachwG
Leitsatz (amtlich)
Der Antrag auf Erteilung eines Nachweises nach § 2 NachwG wird auch nach den zum 01.08.2022 in Kraft getretenen Änderungen des NachwG mit 10% einer Monatsvergütung bewertet.
Leitsatz (redaktionell)
Die Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit hat einen "Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit" erarbeitet. Er hat zwar keine bindende Wirkung, gibt jedoch hinsichtlich bestimmter typischer Fallkonstellationen eine Orientierung, um Kostenrisiken für die Parteien und ihre Prozessbevollmächtigten zu reduzieren und die die Parteien treffende Kostenlast bereits im Vorfeld prognostizierbar zu machen.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 1; ZPO § 3; NachwG § 2; ZPO § 278 Abs. 6; RVG § 33; NachwG § 4; Streitwertkatalog Nr. I. 7.2; Streitwertkatalog Nr. I. 10.1
Verfahrensgang
ArbG Kempten (Entscheidung vom 04.05.2023; Aktenzeichen 3 Ca 1886/22) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägerinvertreters gegen den Gegenstandswertbeschluss des Arbeitsgerichts Kempten vom 04.05.2023 - 3 Ca 1886/22 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begehrt im Beschwerdeverfahren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts für das Verfahren zur Berechnung seiner Anwaltsgebühren.
Im Rahmen des Klageverfahrens wurde u.a. folgender Antrag gestellt:
"8. Die Beklagtenseite wird verurteilt, dem Kläger (richtig: der Klägerin) die wesentlichen Arbeitsbedingungen gemäß § 2 Abs. 1 NachwG schriftlich niederzulegen und zuzusenden."
Das Verfahren endete durch gerichtlichen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO. Das Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug 2.300, 00 €.
Auf Antrag des Klägerinvertreters hat das Arbeitsgericht Kempten durch Beschluss vom 04.05.2023 - 3 Ca 1886/22 - den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren gem. § 33 RVG auf 8.767,16 € festgesetzt. Den Antrag zu 8. bewertete es mit 10% einer Bruttomonatsvergütung, d. h. mit 230,00 €. Der ohne Rechtsmittelbelehrungversehene Beschluss wurde der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten formlos übersandt.
Am 22.05.2023 hat der Klägerinvertreter im eigenen Namen Beschwerde eingelegt und beantragte hinsichtlich des Antrags zu 8. die Festsetzung von 1,5 Bruttomonatsgehältern, hilfsweise i. H. v. einem halben Bruttomonatsgehalt. Die Auskunftserteilung nach § 2 NachwG sei nicht mit Bescheinigungen etwa über sozialversicherungsrechtliche Vorgänge vergleichbar. Jedenfalls wäre bei Anwendung der Ziff. I. 7.1 des Streitwertkatalogs der Arbeitsgerichtsbarkeit für sämtliche 15 Einzelauskünfte/Einzelelemente einer Auskunft nach § 2 NachwG jeweils 10% einer Bruttomonatsvergütung festzusetzen.
Durch Beschluss vom 16.06.2023 hat das Arbeitsgericht Kempten der Beschwerde des Klägerinvertreters nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt. Die Bewertung des Antrags zu 8. sei nach Ziff. I. 7.2 des Streitwertkatalogs der Arbeitsgerichtsbarkeit erfolgt, die auch im vorliegenden Einzelfall angemessen sei. Die Klägerin habe ausweislich der Anlage K1 über einen dreiseitigen schriftlichen Vertrag verfügt.
Durch Beschluss vom 20.06.2023 wurde dem Klägerinvertreter und der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Stellungnahme der Klägerin ist nicht erfolgt. Im Rahmen seiner Stellungnahme hat der Klägerinvertreter darauf verwiesen, dass der Arbeitsvertrag nicht den gesamten Informationskatalog des § 2 NachwG abdecke. Die Wertfestsetzung von einem halben Bruttomonatsgehalt vertrete das LAG Baden-Württemberg.
Im Übrigen wird für das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die nach § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthafte Beschwerde ist zulässig. Sie ist formge recht eingelegt worden. Mangels schriftlicher Rechtsmittelbelehrunghat die zweiwöchige Beschwerdefrist nach § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG nicht begonnen, § 9 Abs. 5 S. 3 ArbGG; die Jahresfrist des § 9 Abs. 5 S. 4 ArbGG wurde nicht überschritten. Der Beschwerdewert ist erreicht, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Der mit dem Klageantrag zu 8. geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Nachweises nach § 2 NachwG ist zutreffend mit 10% einer Bruttomonatsvergütung bewertet worden.
a) Nach Ziff. I. 7.2 des Streitwertkatalogs der Arbeitsgerichtsbarkeit (derzeitige Fas sung vom 09.02.2018, vgl. NZA 2018, 498), dem die seit dem 01.06.2023 für Streit- und Gegenstandswertbeschwerden allein zuständige Kammer 3 des LAG München im Interesse der bundesweiten Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Wertfestsetzung und damit im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit grundsätzlich folgt (vgl. LAG München, Beschluss vom 06.06.2023 - 3 Ta 59/23 -; zur Veröffentlichung bestimmt), ist der Nachweis nach dem NachwG grundsätzlich mit 10% einer Monatsvergütung zu bewerten. Dieser Empfehlung liegt die Erwägung zugrunde, ...