Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 22.07.1999; Aktenzeichen 8 Ca 4661/99) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 22.7.1999 – 8 Ca 4661/99 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der sofortigen Beschwerde.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf DM 9.054/54 festgesetzt.
4. Die weitere sofortige Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin wegen Zwangsarbeit.
Die Klägerin ist am 21.9.1925 in Tereschky in der Ukraine geboren. Sie ist ukrainische Staatsangehörige.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie 1942 in einem Sammeltransport zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht worden sei. Dort habe sie bis 1945 von Montag bis Samstag täglich 12 Stunden in einem Betrieb der Beklagten, einem Unternehmen der Elektroindustrie, weisungsabhängige Arbeit als Reinigungskraft leisten müssen. Während ihrer „Freizeit” sei sie in bewachten Lagern untergebracht gewesen.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, mit der Beklagten seien unmittelbare Rechtsbeziehungen begründet worden, die als Arbeitsverhältnis anzusehen seien. Ihre Arbeit sei nicht bezahlt worden. Deswegen habe sie einen Anspruch auf Entschädigung für die von ihr geleistete Zwangsarbeit in Höhe eines wöchentlichen Arbeitslohns von RM 60,– bzw. eines durchschnittlichen Monatslohns in Höhe von RM 240,– erworben, woraus sich nunmehr ein Anspruch in Höhe von DM 39.272/72 für 36 Monate Zwangsarbeit ergebe.
Außerdem hat die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von DM 6.000,– für eine „deliktische Verletzung des Arbeitsvertrages” beansprucht.
Ihre Ansprüche seien nicht verjährt, weil es sich bei der ihr auferlegten Zwangsarbeit um ein Verbrechen gegen die Menschheit und damit um ein Kriegsverbrechen gehandelt habe.
Die Klägerin hat die Beklagte demgemäß auf Zahlung von insgesamt DM 45.272,72 verklagt.
Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG setze die Zulässigkeit des Rechtswegs für die von der Klägerin erhobene Klage ein Arbeitsverhältnis voraus, das wiederum einen entsprechenden privatrechtlichen Vertrag voraussetze. Von einem solchen Arbeitsverhältnis könne auch nach dem Vortrag der Klägerin keine Rede sein. Tatsächlich sei Zwangsarbeit von staatlichen Arbeitseinsatzdienststellen angeordnet worden. Das sei zwar ein Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewesen, schließe ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aber mangels eines Vertrages aus. Statt dessen habe nach der seinerzeitigen Verordnungslage ein Beschäftigungsverhältnis eigener Art. bestanden. Ob die Klägerin die von ihr behauptete Zwangsarbeit tatsächlich geleistet habe und diese Arbeit nicht vergütet worden sei, müsse noch geprüft werden.
Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 22.7.1999 die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen festgestellt. Im übrigen wird auf diesen Beschluss Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht weiterhin im wesentlichen den Mangel eines Arbeitsverhältnisses geltend. Wiedergutmachung könne nicht durch die Annahme eines Arbeitsverhältnisses, sondern nur durch die klassischen Rechtsinstrumente des Delikts- und Bereicherungsrechts geleistet werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat gemäß § 48 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit (iVm) § 17 a Abs. 3 GVG zu Recht vorab entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für die von der Klägerin erhobene Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung von DM 39.272/72 gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG zulässig ist.
Das Beschwerdegericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für eine solche Klage schon in dem Beschluss vom 2.8.1999 – 5 Ta 184/99 – gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG für zulässig erachtet. An dieser Rechtsprechung hält das Beschwerdegericht auch für die vorliegende Klage fest.
Die Gerichte für Arbeitssachen (Arbeitsgerichte) sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Dabei handelt es sich gemäß §§ 17 ff GVG, § 48 ArbGG in der Fassung des 4. VwGOÄndG vom 17.12.1990 (BGBl. I S. 2809) um die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte (vgl. BAG 24.4.1996 AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung = EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 31, unter B I 3 der Gründe).
Die Rechtswegzuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach dem jeweiligen Streitgegenstand, dem sog. prozessualen Anspruch, den der Kläger auf Grund seiner Dispositionsfreiheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch den Klageantrag und die Klagebegründung bestimmt (vgl. nur BAG 21.5.1999 AP Nr. 1 zu § 611 BGB Zeitungsverlage = EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 43, unter B II 2 a der Gründe; Reinecke, ZfA 1998, 359, 382).
Bestehen in Bezug auf die Rechtswegzuständigkeit im Zusammenhang mit der Besti...