Entscheidungsstichwort (Thema)
Karenzentschädigung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtigkeit oder Anfechtung eines Arbeitsvertrags führt nicht schlechthin zur Nichtigkeit einer Wettbewerbsverpflichtung und der sich daraus ergebenden Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung.
2. Bei so genannten fehlerhaften Arbeitsverhältnissen muss danach differenziert werden, ob das Arbeitsverhältnis schon in Vollzug gesetzt worden war oder nicht.
3. Bei bereits vollzogenem Arbeitsverhältnis ist davon auszugehen, dass das Wettbewerbsverbot im Zweifel auch dann gelten soll, wenn der Arbeitsvertrag unwirksam ist.
4. Im Hinblick auf die mit einem Fall des § 75 Abs. 3 HGB vergleichbare Interessenlage ist eine analoge Anwendung des § 75 Absatz 1 HGB auch auf den Fall einer Anfechtung des Arbeitsvertrags gemäß § 123 BGB sachgerecht. Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber in diesem Fall ein Wahlrecht hat, ob er an der Wettbewerbsvereinbarung festhalten oder sich durch Erklärung innerhalb eines Monats ab Erklärung der Anfechtung von der Wettbewerbsabrede mit der Wirkung der beiderseitigen Leistungsfreiheit lösen will.
Normenkette
HGB § 75 Abs. 1; BGB § 123
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 16.02.2007; Aktenzeichen 24b Ca 79/04 I) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 16. Februar 2007, Az.: 24 b Ca 79/04 I, wird das bezeichnete Endurteil bezüglich der Klageabweisung im Zahlungsantrag über 76.693,78 EUR wie folgt abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.586,– EUR zuzüglich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus 3.195,33 EUR seit 1.3.2001, aus 3.195,33 EUR seit 1.4.2001 sowie aus 3.195,33 EUR seit 1.5.2001 sowie 5,– EUR vorgerichtliche Mahnauslagen zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Zahlungsklage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung soweit sie die Klageabweisung bezüglich des Zahlungsantrags betrifft zurückgewiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit Gegenstand dieses Teilurteils – über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von Karenzentschädigung im Betrag von 76.693,78 EUR brutto.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der am 0. Juni 1964 geborene Kläger war auf der Basis eines Arbeitsvertrags vom 17.8.2000 bei der Beklagten seit 1.9.2000 als „Leiter der Entwicklung und Konstruktion” mit einem Jahresgehalt von 150.000,– DM brutto beschäftigt.
Unter Ziffer 5. des Arbeitsvertrags (Bl. 96 d.A.) vereinbarten die Parteien ein vertragliches und nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit folgendem Inhalt:
5. Wettbewerbsverbot
5.1 Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich während der Dauer des Anstellungsverhältnisses jeder ohne Zustimmung des Unternehmens ausgeübten konkurrierenden Tätigkeit, unmittelbar oder mittelbar, für eigene oder fremde Rechnung, im Geschäftsbereich des Unternehmens oder seiner Beteiligungsgesellschaften weltweit zu enthalten. Beteiligungsgesellschaft in diesem Sinne ist jede in- oder ausländische Gesellschaft, an der das Unternehmen unmittelbar beteiligt ist. Konkurrierende Tätigkeit in diesem Sinne ist auch das Halten oder der Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen, die mit dem Unternehmen oder seiner Beteiligungsgesellschaften in Wettbewerb stehen; hiervon ausgenommen ist eine Beteiligung von bis zu 5 % an solchen Unernehmen, wenn sie börsennotiert sind.
5.2 Das Wettbewerbsverbot gilt auch für zwei Jahre nach Beendigung des Anstellungsvertrages. Für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes erhält der Mitarbeiter eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbotes 50 % des zuletzt bezogenen Bruttogehalts – Punkt 3.1 – entspricht; § 74 b) Absatz 1 und § 74 c) HGB sind anzuwenden. Das Unternehmen kann jederzeit bis zu dem Zeitpunkt drei Monate vor Beendigung des Anstellungsvertrages durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung entfällt. Endet der Anstellungsvertrag aufgrund einer fristlosen Kündigung des Mitarbeiters, kann das Unternehmen diese Erklärung noch bis zum Ablauf eines Monats nach Zugang der Kündigungserklärung abgeben.
5.3 Das Unternehmen ist unter Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbotes zur Zahlung einer Entschädigung nicht verpflichtet, wenn der Anstellungsvertrag seitens des Unternehmens aus wichtigem Grund beendet wird.
5.4 Der Mitarbeiter ist verpflichtet, einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot unverzüglich zu beseitigen. Für jeden Fall eines Verstoßes gegen dieses Wettbewerbsverbot verpflichtet sich der Mitarbeiter zu Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 100.000,– DM. Bei einem andauernden Wettbewerbsverstoß gilt die Tätigkeit oder das Unterlassen seiner Beseitigung während eines Monats als jeweils selbständiger Verstoß im Sinne des Punktes 5.2.
5.5 Sollte das Wettbewerbsverbot von einem Gericht für unangemessen gehalten werden, soll es in ...