Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Darlegungs- und Beweislast

 

Leitsatz (amtlich)

Letztlich trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzungen für die Geltung des KSchG. Die zum 1.1.2004 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen haben die abgestufte Darlegungs- und Beweislast nicht geändert.

 

Normenkette

KSchG §§ 23, 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 13.03.2006; Aktenzeichen 36 Ca 1045/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.06.2008; Aktenzeichen 2 AZR 264/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.03.2006 – 36 Ca 1045/05 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision für die Klägerin wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Die am 26.02.1953 geborene, verheiratete Klägerin war seit 01.02.2004 als Außendienstmitarbeiterin bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist schwerbehindert. Die Beklagte stellt Stammzellen aus Nabelschnurblut her.

Am 14.01.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts. Nachdem das Integrationsamt am 22.04.2005 die Zustimmung erteilt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 26.04.2005 erneut und zwar zum 31.05.2005. Über einen Widerspruch der Klägerin gegen den Zustimmungsbescheid ist noch nicht entschieden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Rechtsunwirksamkeit beider Kündigungen sowie verschiedene Zahlungsansprüche geltend gemacht. Die Kündigung vom 26.04.2005 sei sozialwidrig. Das Kündigungsschutzgesetz sei auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Zur Zeit der Kündigungen seien nicht nur sieben Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt gewesen, wie die Beklagte behauptet, sondern insgesamt 14 Arbeitnehmer. Neben den von der Beklagten genannten Personen seien dies der Laborleiter K., der Herstellungsleiter Dr. K., der Dienstvorgesetzte der Klägerin M., die Geschäftsführerin K., der ärztliche Direktor Prof. A. sowie die Kontrollleiter St. und F. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Klägerin hat einen Entschluss der Beklagten, eine Abteilung Außendienst zu schließen, bestritten. Eine solche Abteilung habe es bei der Beklagten gar nicht gegeben.

Dagegen hat die Beklagte erstinstanzlich geltend gemacht, das Kündigungsschutzgesetz sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden. Zur Zeit der Kündigung habe sie in der Regel sieben Arbeitnehmer gehabt. Davon sei Frau von R. nur mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden im Labor tätig gewesen. Herr K. sei bei einem anderen Arbeitgeber fest angestellt gewesen. Für die Beklagte sei er als freier Mitarbeiter für die Sicherstellung des technischen Equipments im Bereich der Kryokonservierung tätig gewesen. Auch Herr Dr. K. sei freier Mitarbeiter. Er überprüfe nach den gesetzlichen Vorgaben des Arzneimittelgesetzes die Einhaltung der Herstellungsvorschriften. Herr St. sei als freier Mitarbeiter Kontrolleiter im Sinne des Arzneimittelgesetzes und für die Überprüfung der Herstellung der Stammzellen zuständig. Er erteile die Freigabe zur Aufbewahrung der Stammzellen. Die Beklagte hat erstinstanzlich die freien Mitarbeiterverträge dieser drei Personen vorgelegt. In diesen Verträgen ist u. a. geregelt, dass der freie Mitarbeiter verpflichtet ist, ausreichende Zeit pro Monat für das Unternehmen tätig zu sein, um die erforderlichen Tätigkeiten auszuführen. Der freie Mitarbeiter teile seine Arbeitszeit nach freiem pflichtgemäßem Ermessen ein. An eine regelmäßige Arbeitszeit sei er nicht gebunden. Herr M. sei Mitglied des Beirats der Beklagten. Er übe organschaftliche Befugnisse des Beirats aus, ein Arbeitsverhältnis bestehe jedoch nicht. Frau K. sei als Geschäftsführerin nicht Arbeitnehmerin. Auch zwischen Herrn Prof. Dr. A. und der Beklagten bestünden keine arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Er repräsentiere die Beklagte lediglich als ärztlicher Leiter, übe aber keine betriebliche Funktion aus. Herr F. sei kein Mitarbeiter der Beklagten, sondern erbringe als externer Dritter Leistungen, die er in Rechnung stelle.

Hierauf hat die Klägerin erstinstanzlich bestritten, dass Frau von R. lediglich eine Arbeitzeit von 20 Wochenstunden habe. Sie sei vollschichtig tätig. Herr K. befinde sich kalendertäglich zur Erbringung seiner Tätigkeit im Geschäftsbetrieb der Beklagten. Seine Tätigkeit lasse sich nicht aus der Ferne bewerkstelligen. Er sei abhängig im Hinblick auf die Zeit und den Ort der Arbeitsleistung sowie die Art und Weise der Gestaltung der Tätigkeit. Er sei in den Betriebsablauf der Beklagten eingegliedert und dem Weisungsrecht der Beklagten unterworfen. Starkes Indiz für seine Eingliederung sei die zeitlich stark befristete Notwendigkeit, Nabelschnurblut einzufrieren, die Eingliederung in die bestehenden Dienstpläne sowie die Pflicht zur ständigen Dienstbereitschaft. Ähnliche Erwägungen würden für Herrn D...

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