Entscheidungsstichwort (Thema)
Equal-Pay-Anspruch
Leitsatz (amtlich)
Erfolgreiches Verlangen nach § 10 Abs. 4 AÜG auf diejenige Vergütung, die vergleichbare Arbeitnehmer der Entleiherin erhalten (Nachverfahren zu BAG vom 19.09.2007 – 4 AZR 656/06 – AP Nr. 17 zu § 10 AÜG).
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 23.02.2005; Aktenzeichen 16 Ca 9869/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin vom 13. Juni 2005 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23. Februar 2005 abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 11.450,69 brutto nebst Zinsen hieraus von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2004 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Vergütungsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 2004.
Die im April 1941 geborene Klägerin ist seit 1981 bei der Beklagten als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. In einem Formular-Arbeitsvertrag vom 3. Juli 1981 (im Folgenden: AV 1981 – Blatt 14/15 der Akte) vereinbarten die Parteien u.a. Regelungen über die Tätigkeit der Klägerin als Sekretärin, die unbestimmte Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Probezeit, die Kündigungsfristen, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und die Einstufung in die Vergütungsgruppe IV, deren Stundensatz mit „zur Zeit” DM 13,00 angegeben wurde.
Am 20. Februar 1997 erhielt die Klägerin von der Beklagten einen neuen Formular-Arbeitsvertrag angeboten. Die Klägerin unterzeichnete ihn, hatte aber in der zurückgesandten Fassung in die für Eintragungen vorgesehene Rubrik „Weitere Vereinbarungen” handschriftlich den Zusatz: „Schreiben P vom 20.2.97” eingefügt. Dieser auf den 20. Februar 1997 datierte Arbeitsvertrag (im Folgenden: AV 1997) enthielt viele der Regelungen, die bereits im AV 1981 enthalten waren. Teilweise waren sie etwas abgeändert, teilweise auch wortidentisch oder sinngemäß gleichen Inhalts. Der AV 1997 wies darüber hinaus Regelungen über den Datenschutz, über die Vereinbarung bestimmter Kündigungsgründe, über Arbeitsschutz und eine einzelvertragliche Ausschlussfrist für „Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis” von drei Monaten auf. Eine Bezugnahme auf einen Tarifvertrag enthielt der AV 1997 an keiner Stelle. Der dort vereinbarte Stundensatz von DM 22,00 wurde ohne Bezug auf eine Vergütungsgruppe festgesetzt.
Im Folgenden wurde die Klägerin u.a. auch beim B.-Verlag als Sekretärin eingesetzt. Nach Inkrafttreten des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 1. Januar 2003, wodurch u.a. § 9 AÜG in der jetzigen Fassung Geltung erlangte, schlossen der BZA (Bundesverband Zeitarbeit) und eine Reihe von DGB-Gewerkschaften, u.a. die Rechtsnachfolgerin der DAG, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, am 22. Juli 2003 einen Manteltarifvertrag, einen Entgeltrahmentarifvertrag und einen Entgelttarifvertrag Zeitarbeit (im Folgenden: BZA-DGB-TVe Zeitarbeit 2003).
Im Januar 2004 händigte die Beklagte der Klägerin einen Entwurf eines neuen Arbeitsvertrages aus, der u.a. eine Tätigkeit als Büroassistentin, eine Vergütungsminderung und eine Bezugnahme auf die BZA-DGB-TVe Zeitarbeit 2003 vorsah. Zu einer Vertragsunterzeichnung kam es jedoch nicht. Seit dem 1. Januar 2004 war die Klägerin beim B.-Verlag eingesetzt. Am 2. Februar 2004 wurde sie abgezogen, auf ausdrückliches Verlangen des B.-Verlages seit dem 1. April 2004 jedoch wieder dort eingesetzt und war bis zum 30. September 2004 mit zwischen den Parteien teilweise streitigen Arbeiten tätig.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Differenz zwischen der ihr von der Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 30. September 2004 gezahlten Vergütung von EUR 11,50 je Stunde und der ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Stundenvergütung von EUR 19,33 geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe nach dem „Equal-Pay-Gebot” aus § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 AÜG das beim B.-Verlag gezahlte Gehalt zu, weil ihr Arbeitsvertrag nicht auf einen Tarifvertrag verweise, in dem eine niedrigere Entlohnung vorgesehen sei. Soweit sie die Tätigkeit tatsächlich nicht ausgeübt habe, weil die Beklagte sie im Hinblick auf ihre Weigerung, den neuen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen, vom B.-Verlag abgezogen habe, sei die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zur Zahlung verpflichtet. Eine Mitarbeiterin des B.-Verlages, die wie sie selbst mit Sekretärinnentätigkeiten betraut sei, erziele nach einer ihr vom B.-Verlag erteilten Auskunft dort einen (übertariflichen) Verdienst von EUR 0.000,00 brutto monatlich zzgl. anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Die Klägerin hatte vor dem Arbeitsgericht beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 11.455,69 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. September 2004 zu zahlen.
Von der Beklagten war ihr Klageabweisungsantrag damit begründet worden, dass es an e...