Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung. Schadensersatzanspruch
Leitsatz (amtlich)
Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH (U. v. 20.01.2009, C-250/06 f, Schultz-Hoff, NJW 2009, S. 495 f, und BAG, U. v. 24.03.2009, 9 AZR 983/07) besteht nach, rückwirkendem, Ausscheiden aufgrund Beendigungsvergleichs nach mehrjähriger Prozessdauer kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bzw. entsprechenden Geldschadensersatz für mehrere zurückliegende Urlaubsjahre der Prozessdauer ohne das Erfordernis entsprechender Geltendmachungen/Mahnungen.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 3; BGB § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 08.04.2009; Aktenzeichen 1 Ca 7216/08) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 8. April 2009 – 1 Ca 7216/08 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über Urlaubsabgeltungs- bzw. entsprechende Schadensersatzansprüche des Klägers für drei Urlaubsjahre aus einem beendeten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten.
Der am 00.00.1950 geborene, verheiratete, Kläger war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 20.12.1996 (Anl. K1, Bl. 14 bis 18 d. A.) ab 01.07.1997 als Verlagsleiter für den E.-Verlag (GmbH) – aufgrund Verschmelzung nunmehr die Beklagte – mit einer Vergütung von zuletzt 0.000,00 EUR brutto/Monat beschäftigt. In diesem Arbeitsvertrag ist ein Anspruch des Klägers auf Erholungsurlaub im Umfang von 30 Arbeitstagen/Jahr, bei einer Fünf-Tage-Woche, festgelegt (dort Ziff. 4.).
Nach einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 27.04.2004 und einer weiteren außerordentlichen, hilfsweise als ordentlicher ausgesprochenen, Arbeitgeberkündigung vom 12.05.2004 schlossen die Parteien im Rahmen des hierüber geführten Kündigungsschutzprozesses im Revisionsverfahren beim Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2007 (Az. 2 AZR 668/06 – Protokoll: Anlage K4, Bl. 22 bis 24 d.A.)) einen, bestandskräftig gewordenen, Beendigungsvergleich, der auszugsweise bestimmte:
- „Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat auf Grund der ordentlichen Kündigung der Beklagten aus betriebsbedingten Gründen mit Ablauf des 31.12.2006 sein Ende gefunden und wird bis zu diesem Datum ordnungsgemäß abgerechnet. Die Annahmeverzugslohnansprüche sind unter Berücksichtigung des gesetzlichen Zinssatzes zu verzinsen, wobei bei der Abrechnung der gerichtliche Vergleich des LAG München vom 27.07.2005 – 5 Sa 300/05 – zu berücksichtigen ist.
- Die Beklagte zahlt an den Kläger eine Abfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 300.000,00 Euro brutto.
Damit ist der Gegenstand des Rechtsstreits erledigt sowie des Rechtsstreits – 8 Ca 20768/04 – des Arbeitsgerichts München.
Der Kläger nimmt den Widerspruch gegen den Bescheid des Integrationsamtes zurück.
…”
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für die Urlaubsjahre 2004, 2005 und 2006 im Umfang von jeweils 31 Urlaubstagen – nach einer bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarung habe sich nach Vorbringen des Klägers sein Urlaubsanspruch aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit entsprechend erhöht – mit der Begründung geltend, dass die Beklagte zwar zunächst einen Teil seines Urlaubsabgeltungsanspruches für das Jahr 2004 mit der Abrechnung für April 2004 in Höhe eines Betrages von 5.577,72 EUR brutto ausgezahlt, diesen Betrag jedoch nach Abschluss des Vergleiches vor dem Bundesarbeitsgericht vom 08.11.2007 mit dem nachberechneten Gehalt für Oktober 2004 wieder zulasten des Klägers verrechnet habe. Die Annahme einer Befristung des Abgeltungsanspruches sei im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 20.01.2009 in der Rechtssache Schultz-Hoff rechtswidrig – dies müsse nicht lediglich bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, sondern auch bei der faktischen Nichtbeschäftigung des Klägers aufgrund (rechtswidriger) Kündigung gelten. Der Anspruch des Klägers sei auch nicht mangels rechtzeitiger Geltendmachung gegenüber der Beklagten und damit deren fehlender Inverzugssetzung erloschen, da weder der Urlaubsanspruch noch der Urlaubsabgeltungsanspruch verfallen könnten, weshalb eine Geltendmachung des Urlaubs zur Verhinderung dessen Verfalls nicht erforderlich sei. Auch bei Forderung einer verzugsbegründenden Geltendmachung von Urlaubsansprüchen habe der Kläger seinen Anspruch auf Urlaubsgewährung durch Erhebung seiner Kündigungsschutzanträge rechtzeitig erhoben, da er hiermit zu erkennen gegeben habe, dass er von einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ausgehe und alle hieraus resultierenden künftig fällig werdenden Ansprüche geltend machen wolle. Im Übrigen ergebe sich ein entsprechender Anspruch des Klägers auch aus der Auslegung des vor dem BAG abgeschlossenen Vergleiches vom 08.11.2007.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug ...