Entscheidungsstichwort (Thema)

Psychiatriezulage

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an eine halbgeschlossene psychiatrische Station im Sinne der Protokollerklärung Nr. 1 (1) b zur Anlage 1b (B/TdL/VKA)

 

Normenkette

BAT § 22

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 07.01.2002; Aktenzeichen 30 Ca 5631/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen 10 AZR 17/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 7.1.2002 – 30 Ca 5631/01 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung einer Zulage gemäß der Protokollerklärung Nr. 1 (1) b der Anlage 1b zum BAT.

Die Klägerin ist seit 1.1.1984 beim Beklagten in deren Bezirkskrankenhaus Taufkirchen/Vils als Krankenschwester tätig. Sie ist derzeit in KR VII (Fallgruppe 14) der Anlage 1b (B/TdL/VKA) zum BAT eingruppiert, und zwar nach einem Bewährungsaufstieg aus KR VI (Fallgruppe 16).

In § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 4.1.1984 ist vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis sich nach den Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages vom 23.2.1961 in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung, den einschlägigen Sonderregelungen zum BAT und den zusätzlichen für den Bereich des Arbeitgebers verbindlichen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung richtet.

Die Klägerin ist auf der so genannten Station 1 tätig, in der ausschließlich suchtkranke Menschen behandelt werden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.1.2000 die Zahlung einer Zulage gemäß der Protokollerklärung Nr. 1 (1)b (B/TdL/VKA) geltend gemacht. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei der Station 1 um eine halbgeschlossene (Open-door-System) psychiatrische Station handele, und dass ihr deshalb die Zulage gemäß dieser Protokollerklärung mit derzeit monatlich EUR 46,02 zustehe.

Diese Protokollerklärung hat folgenden Wortlaut:

Nr. 1 (1) Pflegepersonen der Vergütungsgruppe Kr. I bis Kr.VII, die die Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend bei

  1. an schweren Infektionskrankheiten erkrankten Patienten (z.B. Tuberkulose-Patienten), die wegen der Ansteckungsgefahr in besonderen Infektionsabteilungen oder Infektionsstationen untergebracht sind,
  2. Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen (Open-door-System) psychiatrischen Abteilungen oder Stationen,
  3. Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen,
  4. gelähmten oder an multipler Sklerose erkrankten Patienten,
  5. Patienten nach Transplantationen innerer Organe oder von Knochenmark,
  6. an AIDS (Vollbild) erkrankten Patienten,
  7. Patienten, bei denen Chemotherapien durchgeführt oder die mit Strahlen oder mit inkorporierten radioaktiven Stoffen behandelt werden

ausüben, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von EUR 46,02.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage zum Arbeitsgericht München beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab dem 1.4.1999 eine Psychiatriezulage gemäß der Protokollerklärung Nr. 1b der Anlage ab zum BAT nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit bis 30.4.2000 und ab 1.5.2000 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Das Arbeitsgericht München hat durch Endurteil vom 7.1.2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin arbeite nicht auf einer halbgeschlossenen psychiatrischen Station. Nach dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien würden die Stationstüren zu keiner Zeit geschlossen und die Patienten könnten die Station ohne ständige und strikte Kontrolle bzw. Zustimmung der Pflegekräfte verlassen. Zwar werde versucht die Patienten durch gutes Zureden oder menschliche Barrieren am Verlassen zu hindern, Zwangsmittel würden jedoch nicht eingesetzt, so dass letztlich die Schlüsselgewalt vom Pflegepersonal nicht ausgeübt werde. Zum Erfordernis, die Station im gewissen Umfang geschlossen zu halten, um die von den psychisch kranken Menschen für sich selbst oder andere ausgehende Gefahr durch eine ständige Übersicht über den Aufenthalt der Patienten zu reduzieren, fehle es an entsprechendem Tatsachenvortrag. Unstreitig würden Patienten, die sich selbst oder Dritte gefährden, in die geschlossenen Stationen binnen circa ein bis zwei Stunden verlegt. Dass es sich hierbei um die zeitlich überwiegende Tätigkeit handele, sei gerade nicht dargestellt.

Bezüglich des Sachvortrages der Parteien im ersten Rechtszug und der rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes im Einzelnen wird auf den Inhalt des Endurteiles des Arbeitsgerichtes München vom 7.1.2002 verwiesen.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil, das ihr am 15.2.2002 zugestellt wurde, am 15.3.2002 Berufung eingelegt und d iese am 15.4.2002 begründet.

Sie trägt vor, das Urteil des Arbeitsgerichtes sei unzutreffend. Für die Station 1 gebe es die Stationsordnung vom 13.5.1998. Darin sei unter Ziff. 3 „Ausgangsregelung” festgelegt, dass die Patienten während der Einnahme von Distraneurin und Valium oder aus anderen medizinischen Gründen, die jeweils individu...

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