Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines nicht tarifgebundenen Arbeitnehmers auf Anwendung eines mit den Gewerkschaften abgeschlossenen, günstigeren Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags
Leitsatz (redaktionell)
1. Es verstößt nicht gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot, wenn der Arbeitgeber aus Anlass der Ausgliederung der Belegschaft in eine Transfergesellschaft mit den Gewerkschaften einen gesonderten Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag abschließt, der für alle Beschäftigten, die zu einem bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Stichtag Mitglied der IG Metall waren, höhere Leistungen vorsieht.
2. Dabei stellt es einen sachlichen Grund für die Festlegung eines Stichtags dar, wenn dieser im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Ergänzungstransfer und Sozialtarifvertrags festgesetzt wurde.
3. Nicht tarifgebundene Arbeitnehmer haben daher keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Gewerkschaftsmitgliedern.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3; BetrVG § 75
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 11.02.2014; Aktenzeichen 21 Ca 10788/13) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 11.02.2014, Az. 21 Ca 10788/13 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe des BeE-Monatsentgelts und um die Höhe einer Abfindung.
Der Kläger war bis zum 30.4.2012 bei der Beklagten zu 2) beschäftigt. Die Beklagte zu 1) ist eine zu 100% von der Beklagten zu 2) finanzierte Transfergesellschaft. Der Kläger schloss mit beiden Beklagten einen dreiseitigen Vertrag (Bl. 11 - 21 d.A.), durch den das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) mit Ablauf des 30.4.2012 beendet (Abschnitt A Ziffer 1) und ab 1.5.2012 ein für höchstens zwei Jahre bestehendes Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnis zur Beklagten zu 1) (Abschnitt B Ziffer 1) begründet wurde.
Abschnitt A Ziffer 2 regelt u.a. folgendes:
"2: Abfindungszahlung"
2.1. Die Höhe der Abfindung ist gem. § 7 Abs. I des Transfer- und Sozialtarifvertrags abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt gem. § 7 Abs. II Transfer- und Sozialtarifvertrag EUR 110.000,00. Im Übrigen findet § 7 Abs. 3 Anwendung.
Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags fallen, erhalten gem. § 3 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags als weiteren Bestandteil der Abfindung zusätzlich EUR 10.000.-, der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt EUR 120,000.-."
Abschnitt B Ziffer 4 regelt u.a. folgendes:
"Der/die Arbeitnehmer/in erhält gemäß § 5 Abs. III des Transfer- und Sozialtarifvertrags (...) - unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - bis zu ihrem/seinem Ausscheiden monatlich 70% ihres/seines BruttoMonatsEinkommens.
Das BruttoMonatsEinkommen ist das 13,5-fache des bisherigen BruttoMonatsEinkommens dividiert durch zwölf.
Der/die Arbeitnehmer/-in, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag fallen, erhalten gem. § 2 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags ab Eintritt in die NSN TG - unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - monatlich 80% ihres/seines BruttoMonatsEinkommens."
Nach Abschnitt C Ziffer 3.1. gelten bei der Beklagten zu 1) keine tarifvertraglichen Regelungen. Gemäß Ziffer 4.1. sind sämtliche Ansprüche und Rechte der Parteien aus oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sowie dessen Beendigung abgegolten und erledigt mit Ausnahme derjenigen, die sich aus dem dreiseitigen Vertrag ergeben.
Die Beklagte zu 2) hatte mit der für sie zuständigen IG Metall vor Abschluss des dreiseitigen Vertrags ebenfalls am 4.4.2012 einen Transfer- und Sozialtarifvertrag geschlossen. In ihm ist für alle Beschäftigten des Münchener Betriebs der Beklagten zu 2), soweit sie die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld erfüllten, die Errichtung einer Transfergesellschaft unter Überwachung der Gewerkschaft (§ 4), die Modalitäten des Wechsels der Mitarbeiter, namentlich der Abschluss eines dreiseitigen Vertrags zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Begründung eines Transferarbeitsverhältnisses, die Zahlung eines BeE-Monatsentgelts von monatlich 70% des Bruttomonatseinkommens im Sinne des 13,5-fachen des bisherigen Bruttomonatsgehaltes dividiert durch zwölf unter Anrechnung der Zahlungen der Agentur für Arbeit (§ 5) sowie die Zahlung einer Abfindung bis zu einem Höchstbetrag von 110.000,00 € (§ 7) geregelt.
Ebenfalls am 4.4.2012 schlossen dieselben Tarifvertragsparteien einen Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag. Er gilt nach § 1 Absatz II für alle Beschäftigten der Beklagten zu 2), die bis einschließlich 23.3.2012, 12 Uhr, Mitglied der IG Metall geworden waren, sofern sie die individuellen Voraussetzungen für den Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld erfüllen. Nach ihm erh...