Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Differenzierungsklausel zugunsten von Gewerkschaftsmitgliedern in Transfer- und Sozialtarifvertrag. Unbegründete Zahlungsklage eines nichtorganisierten Arbeitnehmers auf erhöhte Entgelt- und Abfindungszahlungen
Leitsatz (amtlich)
Eine tarifliche Differenzierungsklausel mit Stichtagsregelung kann wirksam sein, wenn von ihr kein Beitrittsdruck ausgehen kann.
Normenkette
TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; BetrVG § 75; TVG § 4 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 133, 157, 242, 611a; BetrVG § 112
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 13.08.2013; Aktenzeichen 17 Ca 8540/12) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.08.2013 - 17 Ca 8540/12 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche (weiteres Entgelt und weitere Abfindung wegen einer sog. Sprinterprämie). Dafür ist entscheidend, ob der Kläger als Außenseiter (Nichtgewerkschaftsmitglied) Anspruch aus Regelungen eines Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags hat, die das nicht vorsehen.
Der Kläger war bei der Beklagten zu 2 bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.09.1976 bis zum 30.04.2012 beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich brutto € 6.962,-. Er war bis zum 23.03.2012 kein Gewerkschaftsmitglied; im Juni wurde er Mitglied der IG Metall, verließ diese dann wieder im Januar 2013. Die Beklagte zu 1 ist eine Transfergesellschaft.
Aufgrund eines dreiseitigen Vertrags zwischen dem Kläger, der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 vom 04.04.2012 (Bl. 11 ff. d.A.) endete das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 zum 30.04.2012. Gemäß Abschnitt A Ziff. 1 des dreiseitigen Vertrages trat die Klagepartei zum 01.05.2012 zur Beklagten zu 1 über. Dieser Vertrag basierte auf dem Interessenausgleich zwischen der Beklagten 2 und ihrem Betriebsrat vom 04.04.2012 (Bl. 49 ff. d.A.), dem Transfer- und Sozialtarifvertrag zwischen der Beklagten zu 2 und der IG Metall Bezirksleitung Bayern vom gleichen Tag (Bl. 21 ff. d.A.) und dem ebenfalls zwischen diesen Beteiligten am 04.04.2012 abgeschlossenen Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag (Bl. 29 ff. d.A.).
In dem Interessenausgleich haben sich die Betriebsparteien dahin gehend geeinigt, dass der Betrieb in der M.-Straße A-Stadt geschlossen wird und am Standort München vier Unternehmen geführt werden, in welche in Namenslisten geführte Arbeitnehmer aufgenommen werden. Ferner enthält der Interessenausgleich folgende Regelung:
"5. Sozialplan
Der Betriebsrat und das Unternehmen stimmen dahingehend überein, dass ein gesonderter Sozialplan nicht aufgestellt wird, weil in dem als - Anlage 7 - bezeichneten Transfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 Regelungen zur Milderung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen enthalten sind, die beide Betriebsparteien als Ausgleichsmaßnahmen i.S.d. § 112 BetrVG anerkennen und die sie für alle betroffenen Beschäftigten abschließend übernehmen (...)."
Der dreiseitige Vertrag enthält unter "Abschnitt A: Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit N." u.a. Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2 und zur Abfindungszahlung.
Ziffer 2 lautet wie folgt:
"2. Abfindungszahlung
2.1 Die Höhe der Abfindung ist gemäß § 7 Abs. 1 des Transfer- und Sozialtarifvertrages abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt gemäß § 7 Abs. 2 Transfer- und Sozialtarifvertrag € 110.000,00. Im Übrigen findet § 7 Abs. 3 Anwendung.
Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialvertrages fallen, erhalten gemäß § 3 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags als weiteren Bestandteil der Abfindung zusätzlich € 10.000,00, der Höchstbetrag für die Abfindung beträgt € 120.000,00."
Unter "Abschnitt B: Begründung eines Vermittlungs- und Qualifizierungsverhältnisses mit der N. TG" enthält der Vertrag u.a. in Ziffer 4 folgende Regelung:
"4. Monatliche Vergütung
Der/die Arbeitnehmer/in erhält gemäß § 5 Abs. 3 des Transfer- und Sozialtarifvertrages auf der Basis der von N. an die N. TG zur Vergütung gestellten Gehaltsdaten, ab Eintritt in die N. TG - unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - bis zu ihrem/seinem Ausscheiden monatlich 70 % ihres/seines Bruttomonatseinkommens. Das Bruttomonatseinkommen ist das 13,5-fache des bisherigen Bruttomonatseinkommens dividiert durch zwölf.
Der/die Arbeitnehmer/in, die unter den Geltungsbereich des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags fallen, erhalten gemäß § 2 des Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrags ab Eintritt in die N. TG - unter Anrechnung von Zahlungen der Agentur für Arbeit - monatlich 80 % ihres/seines Bruttomonatseinkommens."
Der Ergänzungstransfer- und Sozialtarifvertrag vom 04.04.2012 regelt in § 1 Abs. 2 den persönlichen Geltungsbereich wie folgt:
"§ 1
Geltungsbereich
...
(2) persönlich:
Für alle...