Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamer Verzicht auf "beamtenähnliche Versorgung" im Rahmen einer "Personalvereinbarung" zur "Harmonisierung der Dienstverhältnisse" fusionierter Anstalten des öffentlichen Rechts. Unbegründete Klage einer Bankangestellten auf Unterbreitung eines Angebots auf Abschluss eines Versorgungsvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird einer Arbeitnehmerin ein "Angebot zur Überführung ihrer betrieblichen Altersversorgung und zur Teilnahme an der VO 2010" ("Zustimmung") übermittelt, in der unter der Überschrift "Zustimmung zur Überführung" die Erklärung enthalten ist "Ich bin mit der Einstellung der Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung (Versorgungsrecht) einverstanden", kann die Unterzeichnung dieser Erklärung nach den gesamten Umständen des Einzelfalls dahingehend verstanden werden, dass die Arbeitnehmerin tatsächlich auf ihre Ansprüche auf Erteilung eines Versorgungsrechts durch Angebot eines Versorgungsvertrags verzichtet und zu erkennen gibt, dass sie diesen Anspruch künftig nicht mehr geltend machen wird; das kann insbesondere auch den Formulierungen "Erteilung von Direktzusagen auf beamtenähnliche Versorgung" unter Verwendung des Begriffes "Versorgungsrecht" zu entnehmen sein.

2. Bestehen zum Zeitpunkt der Abgabe einer Erklärungen "Zustimmung zur Überführung" erhebliche Unsicherheiten, ob die Arbeitnehmerin tatsächlich einen Anspruch auf Angebot des Versorgungsvertrages bei Erfüllung einer 20jährigen Betriebszugehörigkeit haben würde, liegt es nahe, dass im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen letzten Endes der übereinstimmende Wille der Parteien dahin geht, diese bestehende Unsicherheit dadurch zu beseitigen, dass letztlich die Ansprüche nach VO 2010 gelten sollen und die Arbeitnehmerin für den Verzicht auf die Ansprüche auf Erteilung des Versorgungsrechts auch einen Ausgleich durch Zahlung einer Wechselprämie erhalten soll.

 

Normenkette

BGB §§ 119, 121, 123, 305c, 307, 133, 145, 242, 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 26.02.2015; Aktenzeichen 22 Ca 14622/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.11.2016; Aktenzeichen 3 AZR 507/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München - Aktenzeichen 22 Ca 14622/13 - vom 26.02.2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine Vertragsänderung anzubieten, mit der diese eine "beamtenähnliche Versorgung" erhält.

Die Klägerin ist seit 01.10.1993 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt mit einem Bruttomonatsentgelt i.H.v. € 8.560,79.

Die Beklagte ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die im Jahr 1972 aus der Fusion der E. und der I. hervorgegangen ist. Die Anlage zu § 8 Abs. 3 des Fusionsvertrages vom 06. Juni 1972 enthielt eine sog. "Personalvereinbarung" (im Folgenden: PV 72).

Hierin heißt es u.a.:

"Zur Harmonisierung der Dienstverhältnisse der Mitarbeiter der C. schließen die E. und F. folgende

Personalvereinbarung

1. Ab.........werden die Dienstverhältnisse aller Mitarbeiter der C. mit Ausnahme der Mitglieder des Vorstandes nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen geregelt.

2. Vergütungssystem der C.

...

3. Versorgungssystem der C.

3.1 Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten, der C. oder beim G. tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der Versorgungskasse der E. (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.

3.2 Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder der C. können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der C.

..."

Bei der Beklagten wurde jahrelang diese zweistufige Versorgung durchgeführt. Die Versorgung gem. Ziff. 3.1 der PV 72 (nachfolgend VK 1) wurde über die Versorgungskasse H. GmbH abgewickelt. Deren Richtlinien sahen Versorgungsleistungen nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften vor. Der Versorgungsvertrag nach Ziff. 3.2 der PV 72, der dem hier streitgegenständlichen eingeklagten Vertrag entspricht, gewährte den Arbeitnehmern ebenfalls Ansprüche auf Altersversorgung entsprechend dem für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften, zusätzlich aber auch Ansprüche auf Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall sowie Beihilfe nach beamtenähnlichen Grundsätzen. Des Weiteren war auch ein besonderer Kündigungsschutz im Falle von betriebsbedingten Kündigungen Bestandteil dieses Vertrages. Aufgrund dieser beamtenähnlichen Versorgung erfolgte auch im bestehenden Arbeitsverhältnis Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krank...

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