Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereitschaftsruhezeit. Vergütung. Eingruppierung. Bereitschaftsruhezeiten (ohne Arbeitseinsatz) einer 24-Stunden-Schicht der Werksfeuerwehr sind nicht als Arbeitszeit zu vergüten. Eingruppierung eines Rettungssanitäters und Feuerwehrmannes
Leitsatz (redaktionell)
Ein als Rettungssanitäter und Feuerwehrmann eingesetzter Mitarbeiter verrichtet regelmäßig Tätigkeiten, für die Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind, die durch eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten oder gleichgestellten Ausbildungsberuf erworben worden sind und einen größeren Abstraktionsgrad der Lerninhalte aufweisen.
Normenkette
Manteltarifvertrag für die chemische Industrie vom 24. Juni 1992
Verfahrensgang
ArbG München (Aktenzeichen 10b Ca 1889/03 I) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München, Kammer Ingolstadt, in den Ziffern 1. und 2. abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen.
2. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München, Kammer Ingolstadt, in den Ziffern 3. und 4. abgeändert.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Kläger ab 14. Oktober 2003 jeweils Vergütung nach der Vergütungsgruppe E 7 des Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie West zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 1), 2) und 3) 3/5, die Beklagte 2/5.
6. Für die Kläger und die Beklagte wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Vergütung, auf verschiedene Vergütungszuschläge und auf zusätzlichen Urlaub sowie über die Eingruppierung der Kläger.
Der Kläger zu 2) ist im Dezember 2005 bei einem Einsatz im Werk ums Leben gekommen. Seine Erbin führt diesen Rechtsstreit weiter.
Die Kläger waren/sind bei der Beklagten als Sanitäter und Feuerwehrmänner beschäftigt. Auf ihre Arbeitsverhältnisse finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme und jeweiliger Organisationszugehörigkeit die Tarifverträge der chemischen Industrie Anwendung.
Eingruppiert in die Vergütungsgruppe E 6 des Entgelttarifvertrags für die chemische Industrie war der klägerische Einsatz bis zum 31. Dezember 2002 in vollkontinuierlicher Wechselschicht erfolgt. Seit 1. Januar 2003 arbeiten sie nach Zusammenlegung von Sanitätsstation und Feuerwehr in 24-Stunden-Schichten. Diese Schichten unterteilen sich dabei in jeweils acht Stunden Arbeitszeit, Arbeitsbereitschaftszeit und Bereitschaftsruhezeit. Im Anschluss an eine 24-Stunden-Schicht haben die Kläger jeweils einen Tag frei. Dabei werden Arbeitszeit und Arbeitsbereitschaftszeit jeweils mit 100 % des tariflichen Stundenlohns vergütet, die Bereitschaftsruhezeit wird mit einer Pauschale von EUR 52,– brutto pro Monat entlohnt. Weiter bekommen die Kläger jeweils 35 Freischichten (entspricht 47 Stunden pro Monat) vergütet.
Zuschläge für Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit erhalten die Kläger nicht. Zusätzlicher Urlaub und Schichtzulagen werden ebenfalls nicht gewährt.
Die Kläger möchten ihre Bereitschaftsruhezeiten als Überstunden bewertet und wie Arbeitszeit vergütet bekommen. Daraus errechnen sie eine zusätzliche monatliche Vergütung von EUR 1.508,22 brutto. Weiter beanspruchen sie für ihre Bereitschaftsruhezeiten die Zahlung von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen, eine Schichtzulage sowie Zusatzurlaub.
Nach ihrem Vortrag erbringen sie ihre Tätigkeit als Sanitäter und Feuerwehrmänner eigenverantwortlich mit einem gehobenen Schwierigkeitsgrad. Sie verlangen deshalb unter Hinweis auf ihre vielfältigen Zusatzqualifikationen auch Eingruppierung in die um rd. EUR 130,– brutto pro Monat höher dotierte Vergütungsgruppe E 7 des Entgelttarifvertrags für die chemische Industrie.
Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 16. September 2003 haben sie ihre Begehren auch gerichtlich geltend machen lassen mit den Anträgen:
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Kläger auch während der Bereitschaftsruhezeit seit dem 12. März 2003 vollen Stundenlohn zu bezahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger seit 1. Januar 2003 auch während der Bereitschaftsruhezeit Sonntags- und Nachtzuschläge gemäß § 5 Abs. 2 Ziffer 4. Manteltarifvertrag für die chemische Industrie in Höhe von 60 % sonntags und 15 % nachts seit dem 12. März 2003 zu bezahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger seit 1. Januar 2003 Feiertagszuschläge für 24 Stunden und nicht nur 16 Stunden seit dem 12. März 2003 zu bezahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger seit 1. Januar 2003 eine Schichtzulage gemäß § 4 III Ziffer 2. des Manteltarifvertrag für die chemische Industrie in Höhe von 10 % seit dem 12. März 2003 zu bezahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern ab dem Urlaubsjahr 2003 zusätzliche weitere 3 Tage Urlaub zu gewähren.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet is...