Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamer Verzicht auf beamtenähnliche Versorgung im Rahmen einer "Personalvereinbarung" zur "Harmonisierung der Dienstverhältnisse" fusionierter Bankanstalten des öffentlichen Rechts. Unbegründete Klage eines Bankangestellten auf Unterbreitung eines Angebots auf Abschluss eines Versorgungsvertrages
Leitsatz (amtlich)
1. Die vom Arbeitgeber vorformulierte Erklärung eines Arbeitnehmers, er sei mit der Einstellung der Erteilung von Direktzusagen (Versorgungsrecht) einverstanden, ist nach den Grundsätzen zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch unter Berücksichtigung von zeitlich vorausgehenden Mitteilungen und Informationen auszulegen, sofern diese den Abschluss einer jeden vergleichbaren vertraglichen Abrede begleiten. Bei der Auslegung einer vorformulierten Erklärung sind deshalb neben übergebenen Informationsschreiben auch Mitteilungen, Verlautbarungen und Dokumentationen von Informationsveranstaltungen zu berücksichtigen, die der Arbeitgeber allgemein zugänglich und dauerhaft zur Information des von der (Neu-)Regelung betroffenen Arbeitnehmers ins Intranet gestellt hat. Dabei sind Informationen des Personalrats jedenfalls dann einzubeziehen, wenn sie auf der für die Regelungsfrage maßgeblichen Intranetseite veröffentlicht sind.
2. Eine Erklärung, mit der Einstellung von Versorgungsrechten einverstanden zu sein, ist weder überraschend i.S.d. § 305 c Abs. 1 BGB noch intransparent i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn nach Wortlaut und Regelungszweck, für die die Begleitumstände heranzuziehen sind, ihr Inhalt und Umfang für den durchschnittlichen Mitarbeiter verständlich sind.
3. Eine Inhaltskontrolle i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB aus, wenn sich die Erklärung, mit der Einstellung von Versorgungsrechten einverstanden zu sein, als Teil einer Gesamtregelung zur Ablösung des bisherigen Versorgungssystems darstellt.
4. Aufgrund der ins Intranet gestellten Informationen scheidet ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 241 Abs. 2 BGB und c.i.c. aus, weil der Arbeitgeber damit seinen Informations- und Hinweispflichten genügt hat. Der Vorwurf falscher Angaben zum Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung eines Versorgungsrechts kann nicht erhoben werden, wenn der Arbeitgeber im Intranet ein arbeitsgerichtliches Urteil veröffentlicht, das seine Rechtsauffassung ablehnt.
Normenkette
BGB §§ 119, 121, 123-124, 133, 142, 157, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 305 Abs. 1, § 305c Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3, § 779; BetrAVG § 3 Abs. 1, § 17 Abs. 3; BGB § 307 Abs. 3 S. 1; BetrAVG § 17 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 02.03.2015; Aktenzeichen 8 Ca 9843/14) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 02.03.2015 - 8 Ca 9843/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klagepartei eine bestimmte Versorgungszusage anzubieten.
Die Klagepartei ist seit dem 01.10.2000 als Bankangestellter (AT-Angestellter) zu einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 7.025,00 € beschäftigt. Die Beklagte, deren Träger der E. und der S. sind, ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und 1972 aus einer Fusion zweier öffentlich-rechtlicher Anstalten hervorgegangen. Zur Harmonisierung der Dienstverhältnisse der Mitarbeiter der fusionierenden Bankanstalten enthielt der Fusionsvertrag vom 06.06.1972 als Anlage zu § 8 Abs. 3 eine Personalvereinbarung (PV72), in der unter anderem Versorgungsansprüche wie folgt geregelt waren:
"3. Versorgungssystem der C. Girozentrale
3.1. Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten ... tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der Versorgungskasse der Bayerischen Gemeindebank (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.
3.2. Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens 10 Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder .... können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der Landesbank."
Die Versorgung nach Ziff. 3.1 der Personalvereinbarung wurde in der Folgezeit über die Versorgungskasse F. abgewickelt. Nach deren Richtlinien hatten die Mitarbeiter im Versorgungsfall Anspruch auf Versorgungsleistungen nach den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften. Der Versorgungsvertrag nach Ziff. 3.2 der Personalvereinbarung entsprach im Wesentlichen der Anlage K20 und gewährte den Mitarbeitern ebenfalls Versorgungsansprüche entsprechend den für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften s...