Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an eine Urkunde i.S.d. § 580 Nr. 7b ZPO. Keine Restitutionsklage bei fehlender Kausalität einer Zeugenvernehmung für die Entscheidungsfindung. Darlegung von Verletzungen des Unionsrechts als Voraussetzung für Vorlagebeschluss an den EuGH

 

Leitsatz (amtlich)

Soweit der Kläger sich für das Wiederaufnahmeverfahren darauf berufen hat, dass er eine schriftliche Stellungnahme eines Dritten vorlegt, liegt keine Urkunde iSv. § 580 7 b ZPO vor. Sein Verweis auf eine unzulässige Einvernahme des Geschäftsführers der Beklagten als Zeuge im Verfahren vor dem Arbeitsgericht geht ebenfalls ins Leere, denn dessen Einvernahme war nicht kausal für die Entscheidung. Ohne Zeugeneinvernahme hätte der Kläger gleichwohl beweisen müssen, dass sein Arbeitsverhältnis entfristet wurde, was die Beklagte aber bestritten hat und der Kläger konnte das Gegenteil nicht beweisen. Soweit der Kläger -wie üblich in den von ihm geführten Verfahren eine Vorlage an den EuGH verlangte, war dies substanzlos und nach Art. 267 Abs. 3 AEVV auch nicht geboten.

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar, aufgrund welcher Umstände die Verletzung von Gemeinschaftsrecht vorliegen soll, besteht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV keine Veranlassung, das Verfahren mit einem Vorlagebeschluss dem EuGH vorzulegen. Außerdem ist die Berufungskammer nicht die letzte Instanz, da der Kläger die Möglichkeit hat, gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vorzugehen.

 

Normenkette

ZPO § 580; AEUV Art. 267 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 27.01.2022; Aktenzeichen 25 Ca 6071/20)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 28.06.2023; Aktenzeichen 1 BvR 1017/23)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 27.01.2022 - 25 Ca 6071/20 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt bei Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil beendeten Verfahrens die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30.04.2020 hinaus fortbesteht.

Der Kläger war bei der Beklagten auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags ab dem 02.05.2019 (Bl. 8 - 10 d.A.) als Seminarleiter zu einem Bruttomonatsgehalt iHv. € 3.100,- beschäftigt. In § 1 des Arbeitsvertrages haben die Parteien geregelt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung mit Ablauf des 30.04.2020 endet.

Im Ausgangsverfahren (Arbeitsgericht München, Az.: 25 Ca 6071/20) hat der Kläger die Feststellung des Fortbestands seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten über den 30.04.2020 hinaus geltend gemacht. Er hat vorgetragen, dass ein Herr Z ihm am 18. Februar 2020 zugesagt habe, dass das Arbeitsverhältnis über den 30.04.2020 hinaus fortgesetzt werde. Dass eine Fortsetzung vereinbart gewesen sei, habe sich aus den WhatsApp-Nachrichten vom 07.04.2020 und 13.04.2020 ergeben, die ansonsten nicht erklärbar seien.

Mit Urteil vom 17.12.2020 wurde nach Vernehmung von Herrn Z als Zeugen die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststand, dass der Kläger keinen Beweis für eine Verlängerungsvereinbarung erbracht habe. Gegen das dem Kläger am 22.12.2020 zugestellte Urteil hat dieser Berufung beim Landesarbeitsgericht München eingelegt (Az.: 2 Sa 16/21), die mit Beschluss vom 08.06.2021 als unzulässig verworfen wurde Am 09.07.2021 hat der Kläger beim Landesarbeitsgericht München die vorliegende Restitutionsklage erhoben. Mit Verfügung vom 12.08.2021 hat das Landesarbeitsgericht die Restitutionsklage an das Arbeitsgericht München abgegeben.

Vor dem Arbeitsgericht hat der Kläger vorgetragen, dass er nach Abschluss der mündlichen Verhandlung in den Besitz von zwei Urkunden gekommen sei, die eine für ihn günstigere Entscheidung herbeiführen würden. Zunächst habe er am 09.06.2021 und damit vor der Zustellung des Verwerfungsbeschlusses vom 08.06.2021 von seinem Mitdozenten, Y, eine Nachricht erhalten, die bestätigt habe, dass auch der Mitdozent am 07.04.2020 von Herrn Z, dem Personalleiter der Beklagten, eine WhatsApp mit der Ankündigung erhalten habe, die Online-Kurse in der Gruppe fortzuführen. Daraus habe sich ergeben, dass tatsächlich, wie vom Kläger vorgetragen, seitens der Beklagten und insoweit veranlasst durch den Personalleiter Z an die Lehrkräfte eine Anweisung zur Fortsetzung der Lehrgänge in Form eines Onlinelehrgangs (coronapandemiebedingt) erfolgt sei und eine entsprechende Anweisung bestanden habe. Er hat sich darauf berufen, dass es entscheidend sei, dass er erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung in den Besitz des Schreibens des Y (Bl. 182 d.A.) gelangt sei und auch erst damit Kenntnis über den in diesem Schreiben dargelegten Sachverhalt erlangt habe. Es habe sich dabei von selbst verstanden, dass den Kläger kein Verschulden daran treffe, dass er erst am 09.06.2021 Kenntnis von dem Schreiben erlangt habe. E...

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