Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung. Vergütung. Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Auslegung eines Arbeitsvertrages

 

Normenkette

AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4, § 19; BGB §§ 133, 150 Abs. 2, § 151

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 23.02.2005; Aktenzeichen 16 Ca 9869/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.09.2007; Aktenzeichen 4 AZR 656/06)

 

Tenor

1. Die Berufung vom 13. Juni 2005 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 23. Februar 2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für die Klägerin wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der von der Arbeitgeberin zu bezahlenden Vergütung.

Die im April 1941 geborene Klägerin war auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 3. Juli 1981 (Blatt 14/15 der Akte) als Sekretärin in die Dienste eines Zeitarbeitsunternehmens getreten.

Mit Arbeitsvertrag vom 20. Februar 1997 (Blatt 17/18 der Akte) hatten die Parteien den zwischen ihnen bestehenden Arbeitsvertrag in einigen Punkten abgeändert. Unter anderem enthielt dieser Arbeitsvertrag keine schriftliche Bezugnahme auf einschlägige Tarifverträge.

Als die Beklagte der Klägerin im Januar 2004 den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages (Blatt 19 bis 22 der Akte) anbot, nunmehr wiederum mit einer schriftlichen Bezugnahme auf einschlägige Tarifverträge, hat die Klägerin dessen Unterzeichnung abgelehnt.

In der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2004 war die Klägerin mit einer Unterbrechung vom 2. Februar bis 31. März 2004 beim Verlag C. H. Beck eingesetzt. Die Stammarbeiter dieses Verlages werden deutlich besser vergütet als das zwischen den Parteien vereinbart worden ist. Die Klägerin beruft sich deshalb auf § 9 Nr. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 AÜG und verlangt die gleichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Gehalts wie es den vergleichbaren Arbeitnehmern der Firma B. zugestanden werde. Sie errechnet den Differenzbetrag bezogen auf Vergütung, Gratifikationen, Fahrtkosten- und Verpflegungskostenzuschüsse auf EUR 11.455,69 und hat diesen Betrag auch gerichtlich geltendmachen lassen. Ihr Begehren ist vor dem angerufenen Arbeitsgericht München aber erfolglos geblieben. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 23. Februar 2005 wird Bezug genommen.

Mit der am 13. Juni 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 13. Mai 2005 zugestellte Entscheidung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Begründung dazu ist am 13. Juli 2005 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, zu Unrecht davon ausgegangen zu sein, dass der erste Arbeitsvertrag durch den zweiten lediglich punktuell abgeändert worden sei. Aus Sicht der Klägerin hat der zweite Arbeitsvertrag den ersten vollständig ersetzt, was sich bereits daraus ergebe, dass er mit Arbeitsvertrag und nicht etwa nur mit Abänderungsvertrag überschrieben worden sei. Weiter seien im zweiten Arbeitsvertrag vom 20. Februar 1997 nicht nur die wesentlichen, sondern sämtliche, einen Arbeitsvertrag ausmachenden Punkte eigenständig geregelt worden.

Ihren Willen zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit der Klägerin habe die Beklagte auch in ihrem Begleitschreiben vom 20. Februar 1997 (Blatt 16 der Akte) unmissverständlich ausgedrückt. Eine Bezugnahme auf einschlägige Tarifverträge enthalte nur der alte Vertrag vom 3. Juli 1981, nicht dagegen der folgende Vertrag vom 20. Februar 1997. Da die Parteien auch sonst nicht tarifgebunden sind, leitet die Klägerin daraus nun den equal-pay-Anspruch aus den § 9 Nr. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 AÜG ab. Der vertraglich vereinbarte Stundenlohn wird gemäß § 9 Nr. 2 AÜG als unwirksam angesehen, da die vergleichbare Stammbelegschaft beim Entleiherbetrieb, dem Verlag B., einen Bruttostundenlohn von EUR 19,33 brutto erhalte. Dieser berechne sich ausgehend von einem Grundgehalt von EUR 2.800,– brutto, entspricht einem Stundenlohn von EUR 17,18 brutto unter Hinzurechnung des anteiligen Urlaubs-/Weihnachtsgeldes von EUR 2,15 brutto pro Stunde.

Der Anwendbarkeit des § 9 Nr. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 4 AÜG stehe auch die Übergangsregelung des § 19 AÜG nicht entgegen. Damit lauten die Berufungsanträge:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 23. Februar 2005 – 16 Ca 9869/04 –, zugestellt am 13. Mai 2005, wird in Ziff. 1) und Ziff. 2) abgeändert.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 11.450,69 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2004 zu bezahlen.

Die Beklagte lässt beantragen:

die Berufung wird zurückgewiesen.

Der vom Erstgericht tenorierten Klageabweisung pflichtet die Beklagte bei, aus ihrer Sicht greift die Ausnahmeregelung des § 9 Nr. 2 am Ende AÜG ein, da die Parteien einzelvertraglich die Geltung der Bestimmungen des Mantel- und Gehaltstarifvertrages BZA-DGB-Tarifgemeinschaft vereinbart haben und dieser von § 9 Nr. 2 AÜG abweichende Regelungen vorsieht. Danach sei die Klägerin im Kalenderjahr 2004 auch vergütet worden.

Den...

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