Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt zur Zahlung eines Leistungsbonus
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt im Zusammenhang mit einem zum Arbeitsentgelt rechnenden Leistungsbonus, der sich nach der individuellen Leistung des Arbeitnehmers im vorangegangenen Geschäftsjahr berechnet und mit dem u.a. - neben der Grundvergütung - auch Überstunden-/Mehrarbeitsvergütung sowie Zeitzuschläge abgegolten sein sollen, ist unangemessen benachteiligend.
2. Verweist der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag ferner darauf, dass sich die Kürzung des unter Freiwilligkeitsvorbehalt versprochenen Leistungsbonus nach einer Dienstvereinbarung über das Bonussystem bestimme, so liegt darin ein Verstoß gegen das Transparenzgebot. Die Kürzung kann nur dann erfolgen, wenn vorher bereits ein Leistungsanspruch entstanden war.
3. Ein Hinweis im Arbeitsvertrag, dass hinsichtlich der Zahlung eines "Bankbonus" jeweils jährlich durch den Verwaltungsrat entschieden wird, erfasst nicht einen daneben zugesagten Leistungsbonus, wenn mit dem Versprechen kein derartiger Vorbehalt verbunden war. Ein solcher Vorbehalt in einer Dienstvereinbarung kann dem Leistungsbonus nicht entgegengesetzt werden, da dies zu Ungunsten des Arbeitnehmers vom Arbeitsvertrag abwiche.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 308 Nr. 4, § 305 Abs. 1, § 306 Abs. 1; BayPersVG Art. 75 Abs. 4 Nr. 4; BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 611 Abs. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 03.07.2012; Aktenzeichen 11 Ca 13885/11) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Juli 2012 - 11 Ca 13885/11 abgeändert.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 77.111,21 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 16.192,77 seit 15. April 2009, aus € 18.729,32 seit 15. Apr. 2010, aus € 18,733,34 seit 15. Apr. 2011 und aus € 20.217,22 seit 15. Apr. 2012 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren über variable Bezüge für die Jahre 2008 mit 2011.
Der am 14. Feb. 1965 geborene Kläger ist bei der Beklagten, einer Bank, seit 1. Apr. 2000 als außertariflicher Angestellter auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1. Jan. 2001 (Anlage K 1, Bl. 8 ff. d. A.) beschäftigt. Darin ist u.a. geregelt:
"§ 4. Bezüge
(1) ...
(2) Außerdem kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Bankbonus erhalten, dessen Höhe alljährlich auf Vorschlag des Vorstandes vom Verwaltungsrat beschlossen wird. Der Bankbonus wird jeweils im Folgejahr für das vorangegangene Geschäftsjahr gezahlt. Ferner kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Leistungsbonus erhalten, der sich im Einzelnen nach seinen Leistungen im jeweils vorangegangenen Geschäftsjahr bestimmt. Berechnung, Zahlung, Kürzung und Rückzahlung des Bankbonus und des Leistungsbonus erfolgen im Übrigen nach der Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflichen Beschäftigten der B. Girozentrale in ihrer jeweils gültigen Fassung.
Mit der Zahlung der laufenden Bezüge und eines etwaigen Bonus sind Überstunden/Mehrarbeit, Zuschläge und Zulagen für Schicht- und Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten.
(3) ...
...
§ 9 Leistungen ohne Rechtsanspruch
Auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, besteht auch nach wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch."
In dem auf 27. Dez.1999 datierten Begleitschreiben zum Arbeitsvertrag (Anlage K 2, Bl. 10a f. d. A.), ist ausgeführt:
"...
Außerdem können sie als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Bankbonus erhalten, sofern und soweit der Verwaltungsrat die Zahlung eines Bankbonus genehmigt. Der Bankbonus folgt aus dem Orientierungswert des Gehaltsbandes der Funktionsstufe. Für die Berechnung, Zahlung und gegebenenfalls Kürzung des Bankbonus gilt die Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflich Beschäftigten der Bank in der jeweils gültigen Fassung.
Darüber hinaus erhalten Sie als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Leistungsbonus, der nach der Formel Zielbonus mal Leistungsfaktor ermittelt wird. Der Zielbonus beträgt für das Eintrittsjahr 20 %. Dieser Prozentsatz bezieht sich jeweils auf ihr individuelles, tatsächlich bezogenes Jahresfestgehalt. Im Einzelnen gelten für die Berechnung, Zahlung und ggf. Rückzahlung des Leistungsbonus die Regelungen in der beiliegenden Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflich Beschäftigten der Bank in ihrer jeweils gültigen Fassung.
...
Ferner können Sie als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Marktbonus (Investmentbankingbonus) erhalten, dessen Rahmen sich nach internen Richtlinien bemisst und sich im Einzelnen u.a. nach der Erfüllung der Bewertungskriterien im jeweils vorangegangenen Geschäftsjahr bestimmt.
..."
Der Kläger hatte zunächst Leistungsboni...