Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Erfolgreiche und rechtzeitige Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs nach § 23 BBiG (früher: § 16 BBiG) nach unwirksamer fristloser Arbeitgeberkündigung – bei allerdings problematischer Einhaltung der dreimonatigen gesetzlichen Ausschlussfrist.
Normenkette
BBiG § 23
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Urteil vom 19.10.2005; Aktenzeichen 9 Ca 1421/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird dasEndurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom19.10.2005 – 9 Ca 1421/05 – in Ziffer 1 geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 4.946,55 (i.W.: Viertausendneunhundertsechsundvierzig 55/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.04.2005 zu zahlen.
2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche, die der Kläger als früherer Auszubildender gegenüber der Beklagten als Ausbildender wegen vorzeitiger Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch diese nach Ablauf der Probezeit geltend macht.
Der Kläger begann am 07.08.2001 eine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker bei der Beklagten. Nach einer fristlosen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses durch die Beklagte am 25.11.2003, die mit Vergleich vom 26.02.2004 zurückgenommen wurde unter Vereinbarung der Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses, kündigte die Beklagte das Ausbildungsverhältnis erneut am 02.03.2004 fristlos. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich; dieses stellte mit – rechtskräftig gewordenem – Endurteil vom 24.11.2004 fest, dass die Kündigung vom 02.03.2004 unwirksam sei. Mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 04.03.2004 hatte der Kläger Weiterbeschäftigung geltend gemacht. Dieser Antrag wurde mit Endurteil vom 15.03.2004 zurückgewiesen. Nachdem die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 29.03.2004 das Ansinnen, die Kosten der praktischen Ausbildung bei der Lehranstalt E. in R. bis zum Bestehen der Abschlussprüfung zu übernehmen, abgelehnt hatte, schloss der Kläger einen Vertrag zur praktischen Ausbildung mit dem genannten Weiterbildungsinstitut und wurde in der Zeit vom 13.04.2004 bis 30.07.2004 sowie vom 24.08.2004 bis 01.02.2005 dort ausgebildet. Hierfür wandte er insgesamt 4.946,55 EUR auf. Im Kündigungsschutzverfahren schlossen die Parteien einen – später widerrufenen – Vergleich, demzufolge (unter anderem) zum Ausgleich für die Aufwendung des Klägers, die dieser zwischenzeitlich für seine anstehende Abschlussprüfung getätigt habe, die Beklagte diesem pauschal EUR 6.400,00 zahlen sollte. In einem Schriftsatz vom 21.10.2004 unterbreitete der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Kündigungsschutzverfahren einen Vergleichsvorschlag und bezifferte dabei die Aufwendungen des Klägers für die Ausbildung bei der Lehranstalt E. unter Vorlage der Rechnungen vom 15.04.2004, 21.06.2004 und 10.09.2004. Nach Verkündung des der Kündigungsschutzklage stattgebenden Endurteils vom 24.11.2004 schlossen die Parteien in einem weiteren Einstweiligen Verfügungsverfahren einen Vergleich, wonach – unter anderem – das Ausbildungsverhältnis mit Ablauf des 20.01.2005 ende, auch wenn die Prüfung nicht bestanden werde und der Kläger unwiderruflich und unter Fortzahlung der Vergütung von der Ausbildung bis zum Ende des Ausbildungsverhältnisses freigestellt werde, wobei in diesem Zeitraum Resturlaub eingebracht werde.
Der Kläger verlangt im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten Schadenersatz wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch diese in Höhe von 4.946,55 EUR.
Die Beklagte wendet sich gegen diesen Anspruch, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Schadenersatzanspruch nicht gegeben seien und keine rechtszeitige Geltendmachung vorliege.
Das Arbeitsgericht Regensburg hat mit Endurteil vom 19.10.2005, auf das hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts, des streitigen Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der erstinstanzlich gestellten Anträge sowie der Einzelheiten der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Beklagte verurteilt, an diesen (lediglich) 3.732,56 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Einem Zeugnisberichtigungsantrag des Klägers hat das Erstgericht stattgegeben; das Endurteil vom 19.10.2005 ist insoweit rechtskräftig geworden. Gegen das dem Kläger am 02.02.2006 und der Beklagten am 03.02.2006 zugestellte Endurteil vom 19.10.2005 haben der Kläger mit einem am 24.02.2006 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz und die Beklagte mit einem am 02.03.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung mit einem am 03.04.2006 – einem Montag – eingegangenen Schriftsatz begründet; der Berufungsbegründungsschriftsatz der Beklagten ist am 02.03.2006 beim Berufungsge...