Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweisverwertungsverbot

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das zivilrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners eines Telefongesprächs ist verletzt, wenn der andere einen Dritten durch aktives Handeln zielgerichtet veranlasst, das Telefongespräch heimlich mitzuhören. Aus der rechtswidrigen Erlangung des Beweismittels folgt ein Beweisverwertungsverbot: Der Dritte darf nicht als Zeuge zum Inhalt der Äußerungen des Gesprächspartners vernommen werden, der von dem Mithören keine Kenntnis hat.

2. Konnte ein Dritter zufällig, ohne dass der Beweispflichtige etwas dazu beigetragen hat, den Inhalt des Telefongesprächs mithören, liegt keine rechtswidrige Verletzung des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Gesprächspartners vor. In diesem Fall besteht deshalb auch kein Beweisverwertungsverbot.

(Leitsätze 1 und 2 entsprechen den Leitsätzen der Entscheidung BAG 23.04.2009 – 6 AZR 189/08. Hier: Nachverfahren zu dieser BAG-Entscheidung und zum Urteil der erkennenden Kammer vom 24.01.2008 – 3 Sa 800/07)

 

Normenkette

GG Art. 1-2; EMRK Art. 6; BGB § 138

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen 8 Ca 815/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 12.07.2007 – 8 Ca 815/06 L – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens (6 AZR 189/08).

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit zweier ordentlicher Arbeitgeberkündigungen.

Die Klägerin war beim beklagten Zeitarbeitsunternehmen seit 23.02.2006 auf der Grundlage eines zunächst bis 03.03.2006 befristeten Arbeitsvertrages als Helferin beschäftigt. Im Vertrag ist die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung vereinbart. Durch schriftliche Vereinbarung vom 03.03.2006 wurde der Vertrag bis 31.08.2006 verlängert.

Am 03.07.2006 erlitt die Klägerin einen Wegeunfall, auf Grund dessen sie arbeitsunfähig wurde. Am 06.07.2006 kam es zu einem Telefongespräch zwischen der Klägerin und der zuständigen Personaldisponentin der Beklagten, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schrieben vom 05.07.2006, der Klägerin zugegangen am 07.07.2006, zum 20.07.2006. Mit weiterem Schreiben vom 01.08.2006, das der Klägerin am 02.08.2006 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut vorsorglich zum 16.08.2006.

Die Klägerin hat mit ihrer am 26.07.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 07.08.2006 sowie 18.09.2006 erweiterten Klage geltend gemacht, die Kündigungen vom 05.07.2006 und vom 01.08.2006 sowie die Befristung bis 31.08.2006 seien unwirksam.

Sie hat vorgebracht, die Personaldisponentin der Beklagten habe sie im Telefongespräch am 06.07.2006 aufgefordert, trotz Arbeitsunfähigkeit zu arbeiten, die offizielle Krankschreibung des Arztes interessiere nicht, weil es dem Arzt egal sei, wenn sie trotzdem arbeite. Nachdem sie es abgelehnt habe, zur Arbeit zu erscheinen, habe die Personaldisponentin gesagt, sie müsse mit einer Kündigung rechnen. Die Kündigung vom 05.07.2006 sei deshalb aus verwerflichen Motiven erfolgt und daher sittenwidrig. Dies gelte wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs auch für die zweite Kündigung vom 01.08.2006. Die Befristung zum 31.08.2006 sei unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis verlängert worden wäre, wenn nicht ihre Krankheit dazwischen gekommen wäre. Eine Bekannte habe den Inhalt des Telefongesprächs mit der Personaldisponentin – auch hinsichtlich deren Aussagen – ungewollt mit angehört. Bei diesem Telefongespräch habe die Klägerin das ihr nicht vertraute Mobiltelefon ihres Ehegatten benutzt, das von diesem auf maximale Lautstärke eingestellt gewesen sei. Sie habe das Mobiltelefon nicht vom Ohr weggehalten. Wegen des Gesprächsinhalts sei sie so aufgebracht gewesen, dass sie nicht wahrgenommen habe, dass ihre Bekannte auch die Aussagen der Personaldisponentin habe mithören können. Auch sei ihr nicht bewusst gewesen, dass das Mobiltelefon überdurchschnittlich laut eingestellt gewesen sei. Erst nach dem Gespräch habe sie von ihrer Bekannten erfahren, dass diese mitgehört habe. Weil sie ihre Bekannte nicht wissentlich und willentlich habe mithören lassen, sei diese als Zeugin für die Richtigkeit ihrer Darlegungen über den Gesprächsinhalt zu vernehmen.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug unter anderem beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 05.07.2006, zugegangen am 07.07.2006, zum 20.07.2006 nicht aufgelöst worden ist.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziff. 1 zu den im Arbeitsvertrag vom 23.02.2006 geregelten Arbeitsbedingungen als weibliche Helferin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.
  3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht dur...

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