Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisverwertungsverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Der Vernehmung einer Zeugin, die ein Telefongespräch ohne Wissen eines der Gesprächpartner mitgehört hat, steht grundsätzlich ein aus Art.1 und 2 GG abgeleitetes Beweisverwertungsverbot entgegen.
2. Eine – angenommene oder tatsächlich bestehende – „Beweisnot” oder das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, reichen grundsätzlich nicht aus, um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Gesprächspartners zu rechtfertigen. Vielmehr ist hierfür erforderlich, dass sich die Beweisnot zu einer notwehrartigen Lage steigert.
3. Für eine Parteivernehmung von Amts wegen gem. § 448 ZPO genügt die bei einer Partei infolge des Beweisverwertungsverbots bestehende Beweisnot allein nicht. Vielmehr ist hierfür Voraussetzung, dass bereits ein sog. Anfangs- oder Anbeweis erbracht ist.
4. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör gem. Art.103 GG und dem Anspruch auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs.1 EMRK ist genüge getan, wenn die sich in Beweisnot befindende Partei in der mündlichen Verhandlung anwesend ist, sich zum Beweisthema und ggf. zum Ergebnis einer durchgeführten Beweisaufnahme äußern kann und dies auch tut.
Normenkette
GG Art. 1-2; EMRK Art. 6; ZPO §§ 141, 448; BGB § 138; TzBfG § 14; BGB § 611; BUrlG § 7
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen 8 Ca 815/06 L) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 12.07.2007 – 8 Ca 815/06 L – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit zweier ordentlicher Arbeitgeberkündigungen, um einen hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Weiterbeschäftigung, ferner um die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Befristung und auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet hat, sondern unbefristet fortbesteht, weiterhin um Ansprüche auf Lohnabrechnung, Abgeltung von Urlaub und Abrechnung sowie Auszahlung eines Zeitguthabens auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin.
Die Klägerin war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 23.02.2006 bei der Beklagten, einem Unternehmen, das gewerbsmäßig Arbeitnehmerüberlassung betreibt, seit dem Tag des Arbeitsvertragsschlusses als Helferin beschäftigt. Der bis 03.03.2006 befristete Arbeitsvertrag wurde mit Vereinbarung von diesem Tage bis 31.08.2006 verlängert. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zum einen mit Schreiben vom 05.07.2006, der Klägerin am 07.07.2006 zugegangen, zum 20.07.2006 und zum anderen hilfsweise mit Schreiben vom 01.08.2006, der Klägerin zugegangen am 02.08.2006, vorsorglich zum 16.08.2006. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 02.07.2007 stellten die Parteien unstreitig, dass die ordentliche Kündigung vom 05.07.2006 der Klägerin erst am 07.07.2006 zugegangen ist, so dass die Kündigung erst zum 21.07.2006 wirke. Die Klägerin erlitt am 03.07.2006 einen Wegeunfall, aufgrund dessen sie arbeitsunfähig wurde. Danach kam es zu einem Telefonat zwischen der Klägerin und der zuständigen Personaldisponentin, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Die Klägerin hatte bis zum Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit zwei Urlaubstage eingebracht. Ferner hatte die Klägerin im Zeitpunkt des von der Beklagten angenommenen Endes des Arbeitsverhältnisses auf ihrem Arbeitszeitkonto ein Zeitguthaben in streitiger Höhe. Die Beklagte glich dieses Guthaben mit der Abrechnung für Juli 2006 im Umfang von 29,75 Stunden aus.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug vorgebracht, die Kündigungen vom 05.07.2006 und vom 01.08.2006 seien sittenwidrig, weil die für sie zuständige Personaldisponentin in dem nach dem Wegeunfall geführten Telefonat vom 06.07.2006 ihr gegenüber nach Anzeige der Arbeitsunfähigkeit geäußert habe, sie solle gleichwohl in die Arbeit kommen und ihre Arbeitsleistung erbringen, die offizielle Krankschreibung des Arztes interessiere sie nicht, weil es dem Arzt egal sei, wenn sie trotzdem arbeite. Nachdem die Klägerin dieses illegale Ansinnen zurückgewiesen habe, habe die Personaldisponentin gesagt, sie – die Klägerin – müsse mit der Kündigung rechnen. Die Klägerin meint deshalb, die Kündigung sei aus verwerflichen Motiven erfolgt. Dies gelte wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs auch für die zweite Kündigung vom 01.08.2006. Die Zeugin K. habe das genannte Telefongespräch ungewollt mit angehört, da die Klägerin das ihr nicht vertraute Handy ihres Ehegatten benutzt habe, das von diesem auf maximale Lautstärke geschaltet gewesen sei. Sie habe das Handy auch nicht zu diesem Zweck weggehalten, sondern sei von der plötzlichen Situation und vom Inhalt des Gesprächs aufgeregt gewesen und habe gar nicht wahrgenommen, dass die Zeugin habe mithören können. Auch sei ihr nicht bewusst gewesen, dass d...