Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Saisonale Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Nachweispflicht. Niederschrift nach Nachweisgesetz. Nachweisgesetz. Niederschrift
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein gewerblicher Arbeitnehmer von einem Straßenbauunternehmen seit rund 18 Jahren beschäftigt, wobei die Zeiten der Beschäftigung jeweils von ca. Dezember bis ca. April des Folgejahres nach Ausspruch einer entsprechenden Arbeitgeberkündigung unterbrochen wurden, ist das Arbeitsverhältnis trotz der Unterbrechungen in Bezug auf die Nachweispflicht des Arbeitgebers nach dem NachwG wie ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis zu behandeln, das gem. § 4 NachwG bereits bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestanden hat.
2. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aushändigung einer Urkunde im Sinne von § 2 NachwG besteht in solchen Fällen nur, wenn der Arbeitnehmer dies gem. § 4 Satz 1 NachwG verlangt hat.
3. Ein Arbeitgeber, der die ihm obliegende Nachweispflicht nicht erfüllt, haftet dem Arbeitnehmer gem. §§ 286, 284, 249 BGB auf Schadensersatz. Der Schaden kann auch in einem Anspruchsverlust bestehen, der deshalb eingetreten ist, weil der Arbeitnehmer aus Unkenntnis eines auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrags eine tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht eingehalten hat (vgl. BAG v.17.04.2002 – 5 AZR 89/01).
4. Die Berufung des Arbeitgebers auf eine tarifvertragliche Ausschlusssfrist ist nicht allein deshalb treuwidrig, weil dieser weder seiner Verpflichtung zur Aushändigung einer Niederschrift nach § 2 Abs.1 NachwG noch der Pflicht zur Bekanntgabe des Tarifvertrags nach § 8 TVG nachgekommen ist (BAG v.05.11.2003 – 5 AZR 676/02; BAG v.23.01.2002 – 4 AZR 56/01).
Normenkette
NachwG § 2 Abs. 1 Nr. 10, § 4; TVG § 8; BGB §§ 242, 286, 284, 249
Verfahrensgang
ArbG Rosenheim (Urteil vom 02.03.2004; Aktenzeichen 4 Ca 319/03 Tr) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasEndurteil desArbeitsgerichts Rosenheim vom02.03.2004 – 4 Ca 319/03 Tr – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um vom Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemachte Ansprüche auf restliche Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Der Kläger war seit 1984 bei der Beklagten, die Straßenbauarbeiten und hierbei überwiegend Fahrbahnmarkierungen ausführt, als Kolonnenführer einer Markiererkolonne beschäftigt. Dabei wurden die Beschäftigungszeiten jeweils von ca. Dezember bis ca. April nach entsprechenden Arbeitgeberkündigungen unterbrochen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag der Parteien besteht nicht. Zwischen den Parteien ist streitig, wie sich die Vergütung des Klägers errechnet. Der Kläger war wegen eines Arbeitsunfalls ab 03.08.2002 länger als 6 Wochen infolge Krankheit arbeitsunfähig. Die Beklagte zahlte ihm für „Krankstunden” im August 2002 2.285,23 EUR brutto und im September 2002 1.202,75 EUR brutto. Sie ging dabei von einer Grundvergütung für 180 Regelarbeitsstunden pro Monat zu je 14,15 EUR brutto und einer Überstundenvergütung für jede weiter anfallende monatliche Überstunde in Höhe von 17,69 EUR brutto aus und zog unter Berufung auf § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG die von ihr so genannten „saisonbedingten Überstunden” sowie die von ihr gezahlten Auslösen nicht zur Berechnung der Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts heran. Der Kläger forderte demgegenüber mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 18.11.2002 die Beklagte zur Fortzahlung der dem Kläger zustehenden „Akkordvergütung” für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit auf. Nachdem die Beklagte dies mit Schreiben vom 21.11.2002 ablehnte, wiederholte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 22.01.2003 sein Begehren auf Nachzahlung restlicher Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf der Basis der ihm ausgezahlten durchschnittlichen Vergütung der Monate April bis Juli 2002 in Höhe von rund 4.100,– EUR monatlich.
Mit der am 28.04.2003 beim Arbeitsgericht eingegangen und am 10.05.2003 der Beklagten zugestellten Klage vom 23.04.2003 hat der Kläger die behaupteten Ansprüche auf restliche Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für August und September 2002 weiter verfolgt. Er hat im ersten Rechtszug beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.151,96 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und zur Begründung vorgebracht, gemäß § 4 Abs. 1a Satz 1 EFZG seien die „saisonbedingten Überstunden” ebenso wie die Auslösen nicht zur Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts heranzuziehen. Auch seien die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 15 BRTV-Bau verfallen.
Das Arbeitsgericht Rosenheim hat mit Endurteil vom 02.03.2004, auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien im einzelnen und der rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts verwiesen wird, die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Ansprüche des Klägers seien wegen der Ausschlussfrist des § 15 BRTV-Bau verfallen; der Kläger habe jedenfalls die zw...