Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die normative Wirkung von für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Bestimmungen in Außenseiter-Arbeitsverhältnissen ist nicht davon abhängig, dass die betreffende Tarifnorm für die Arbeitnehmerseite „günstig” ist.

2. Eine Klausel im Arbeitsvertrag, dass, soweit im Arbeitsvertrag keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden sind, „in Ergänzung hierzu” die Bestimmungen eines hinreichend genau bezeichneten – Tarifvertrags „zum Vertragsinhalt gemacht” werden, genügt der Nachweispflicht des § 2 Abs.1 Satz 2 Nr. 10 NachwG.

 

Normenkette

MTV für die Arbeitnehmer des Bayerischen Groß- und Außenhandels § 18 M; TVG § 5; NachwG § 2; BGB §§ 242, 280, 286

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen 21 Ca 10433/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom29. April 2008 – 21 Ca 10433/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin auf Arbeitsentgelt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

Die nicht gewerkschaftlich organisierte Klägerin war vom 01.06.2003 bis 28.02.2006 bei der Beklagten als Kommissioniererin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis fällt unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Bayerischen Groß- und Außenhandels vom 01.07.1997, der seit dem genannten Datum für allgemeinverbindlich erklärt ist. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19.01.2007 fristlos. Die Klägerin erhob hiergegen Kündigungsschutzklage, die der Beklagten am 05.02.2007 zugestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 08.02.2007 beantragte die Beklagte Abweisung der Kündigungsschutzklage. Im genannten Verfahren fanden am 13.03.2007 und 08.05.2007 Termine zur Güteverhandlung statt. Im zweiten Gütetermin einigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2007, ohne dass die Abrechnung und Auszahlung der Vergütung der Klägerin für die Zeit ab Zugang der fristlosen Kündigung bis zum 28.02.2007 vereinbart worden wäre. Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis bis einschließlich 19.01.2007 ab und zahlte den entsprechenden Betrag an die Klägerin aus. Diese machte mit Schreiben vom 12.06.2007 Abrechnung und Auszahlung ihrer Gehälter für die Zeit ab 20.01.2007 bis 28.02.2007 geltend. Die Beklagte lehnte dies unter Berufung auf die Ausschlussfristenregelung des § 18 Ziffer 4 des genannten Manteltarifvertrages (künftig: MTV) ab.

Gemäß § 18 Ziffer 1 c MTV sind Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie nicht aus einer Nichtübereinstimmung des ausgezahlten Betrages mit der Entgeltabrechnung bzw. dem Entgeltnachweis und aus einer fehlerhaften Errechnung des Entgelts oder der Abzüge resultieren und soweit es sich nicht um Urlaubsansprüche handelt, innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der Geschäftsleitung oder der von ihr bezeichneten Stelle zunächst mündlich, bei Erfolglosigkeit schriftlich geltend zu machen. § 18 Ziffer 4 MTV bestimmt, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin das Arbeitsgericht anrufen muss, wenn die Erfüllung der Ansprüche von der Geschäftsleitung abgelehnt worden ist oder sich die Geschäftsleitung nicht innerhalb von zwei Wochen erklärt. Geschieht dies nicht, so erlöschen die Ansprüche.

In § 10 Abs. 1 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 01.06.2003 ist bestimmt, dass, soweit in diesem Vertrag keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden sind, in Ergänzung hierzu die Bestimmungen des jeweils gültigen Manteltarifvertrages des Groß- und Außenhandels Bayern zum Vertragsinhalt gemacht werden. Gemäß § 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrages erklärt der Arbeitnehmer, dass er von den Bestimmungen der Tarifverträge und falls vorhanden von Betriebsvereinbarungen Kenntnis genommen hat bzw. Kenntnis nehmen wird, und zu diesem Zweck die jeweils geltenden Vereinbarungen und Bestimmungen in der Personalabteilung des Betriebes zur Einsichtnahme ausliegen.

Die Klägerin begehrt für den Zeitraum vom 20.01.2007 bis 28.02.2007 von der Beklagten die Zahlung von Euro 2.323,37 brutto. Sie ist der Auffassung, die Vergütungsansprüche für diese beiden Monate seien nicht verfallen, weil sich die Beklagte nicht auf die Ausschlussfristregelung des § 18 MTV berufen könne und auch die Voraussetzungen für einen Verfall von Ansprüchen nach dieser Ausschlussfristregelung nicht gegeben seien. Sie trägt vor, die Parteien hätten vor dem Arbeitsgericht München über die Größenordnung der Nachzahlung ausdrücklich verhandelt und aufgrund der überschlägigen Berechnung der noch anfallenden Löhne sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin aufgrund der Sperre durch das Arbeitsamt keine Zahlungen erhalten habe und damit für die Beklagte keine Erstattungsansprüche zu befürchten seien, den Vergleich geschlossen. Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich der geltend gemachte Anspruch auch aus einer Schadenersatzverpflichtung der Beklagten. Diese sei i...

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