Entscheidungsstichwort (Thema)
Equal pay
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein Leiharbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber gem. § 10 Abs. 4 in Verbindung mit § 9 Nr. 2 AÜG Ansprüche auf dieselbe Vergütung geltend macht, wie sie das entleihende Unternehmen seinen vergleichbaren Stammarbeitnehmern auf der Grundlage von Tarifverträgen gewährt, muss er auch die tarifvertraglichen Ausschlussfristregelungen gegen sich gelten lassen. Ausschlussfristregelungen sind wesentliche Arbeitsbedingungen im Sinne der genannten Bestimmungen des AÜG. Dies folgt schon daraus, dass die Ansprüche, die der Verfallfrist unterliegen, von vornherein mit dieser Beschränkung erwachsen; die Ausschlussfrist gehört zum Inhalt des Anspruchs.
2. Der verleihende Arbeitgeber muss den Leiharbeitnehmer nicht über die beim Entleiher geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen informieren bzw. diese dem Leiharbeitnehmer gem. § 2 Abs. 1 und § 3 NachwG nachweisen. Entsprechende Auskunft muss nach § 13 Abs. 1 AÜG auf Verlangen des Leiharbeitnehmers (nur) der Entleiher geben. Dies folgt (auch) aus dem Zusammenspiel von § 11 Abs. 1 AÜG und § 13 Abs. 1 AÜG.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; NachwG § 2 Abs. 1, § 3
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Urteil vom 05.06.2009; Aktenzeichen 3 Ca 3306/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 05.06.2009 – 3 Ca 3306/08 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen geändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.540,35 EUR (i.W.: dreitausendfünfhundertvierzig Euro 35/100) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.11.2008 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 8/9 und die Beklagte 1/9.
- Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers, eines Leiharbeitnehmers, gegen die Beklagte – ein Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen – auf Nachzahlung von Vergütung für die Dauer von Einsätzen bei einem entleihenden Unternehmen aus dem Grundsatz des equal pay/equal treatment.
Der Kläger war bei der Beklagten von 25.10.2005 bis 30.06.2008 als „Berater” beschäftigt. Laut Zusatzvereinbarung vom 25.10.2005 zum Arbeitsvertrag vom selben Tage war er verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten unentgeltlich acht Überstunden im Monat zusätzlich zu erbringen, falls sich die betriebliche Notwendigkeit ergebe, die bereits durch das Bruttomonatsgehalt abgegolten seien. Das Bruttomonatsentgelt des Klägers bei der Beklagten betrug anfangs 3.462,00 EUR, ab April 2007 3.850,00 EUR. Außerdem zahlte die Beklagte in den Jahren 2006 und 2007 eine Sondervergütung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Für das Eintrittsjahr 2005 erhielt der Kläger von der Beklagten eine Sondervergütung in Höhe von 577,00 EUR brutto.
Er war während der gesamten Dauer seiner Beschäftigung bei der Beklagten mit Ausnahme der Monate Juni und Juli 2006 bei der C. GmbH für deren Projekte im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung als Entwicklungsingenieur eingesetzt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch Eigenkündigung des Klägers und damit auch des Einsatzes bei der Entleiherfirma teilte der Bayerische Unternehmensverband Metall und Elektro e. V. (BayME) dem Kläger auf seine Anfrage mit Schreiben vom 28.07.2008 und 27.03.2009 für die Mitgliedsfirma C. GmbH mit, vergleichbare Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs hätten während des ersten Einsatzes des Klägers vom Oktober 2005 bis 31.05.2006 bei einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden eine Monatsgrundvergütung in Höhe von 3.250,00 brutto erhalten. Nach der Einführung des neuen tariflichen Entgeltrahmenabkommens (ERA) ab 01.04.2007 seien vergleichbare Arbeitnehmer der Entleiherfirma nach der Entgeltgruppe 11 des ERA-Tarifvertrages für die Metallindustrie in Bayern bezahlt worden, wonach die Grundvergütung zunächst 3.604,00 EUR brutto, ab 01.06.2004 3.742,00 EUR brutto und ab 01.06.2008 3.816,00 EUR brutto betragen habe. Außerdem hätten vergleichbare Arbeitnehmer während des ersten Einsatzes des Klägers bis Mai 2006 eine tarifliche Leistungszulage von 6,08 % der Grundvergütung und während der Dauer des zweiten Einsatzes des Klägers ab August 2006 eine solche Zulage in Höhe von 9,8 % bezogen. Dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer erhielten ein tarifliches Urlaubsentgelt. Dies beträgt nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 31.10./02.11.1970 in der Fassung vom 24.05.2005 das 1,5-fache durchschnittliche Arbeitsverdienst – ohne Mehrarbeitsvergütung und – zuschläge –, den der Arbeitnehmer in den letzten drei Kalendermonaten vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Eine entsprechende Regelung findet sich im Nachfolger-Tarifvertrag, dem ab 01.07.2008 geltenden Manteltarifvertrag vom 23.06.2008 für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Schließlich teilte der BayME m...