Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Sozialplans zur unquotierten Berechnung von Sozialzuschlägen. Unschlüssige Darlegungen zum Anspruch auf Überstundenvergütung aus stillschweigender Vergütungsvereinbarung aufgrund "objektiver Vergütungserwartung"
Leitsatz (redaktionell)
1. Sozialpläne sind wegen ihrer aus § 77 Abs. 4 Satz 1 und § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG folgenden normativen Wirkung als "Betriebsvereinbarungen besonderer Art" wie Tarifverträge auszulegen.
2. Sind in den Abfindungsbestimmungen eines Sozialplans die Sozialzuschläge für unterhaltsberechtigte Kinder, für Schwerbehinderte und für Mitarbeiter ab dem 35. Lebensjahr nach dem sprachlichen Aufbau "Zuschläge" zum individuellen "Bruttomonatseinkommen" als Bestandteil der eingangs (vor der "Klammer") festgelegten Abfindungsformel normiert, spricht dies entscheidend dafür, dass auch diese Sozialzuschläge zu quotieren sind; ein Anspruch auf volle Berücksichtigung der Sozialzuschläge für das Lebensalter und unterhaltsberechtigte Kinder bei der Abfindungsberechnung besteht damit nicht.
3. Ein Anspruch auf Überstundenvergütung aus stillschweigender Vergütungsvereinbarung aufgrund "objektiver Vergütungserwartung" nach § 612 Abs. 1 BGB ist unbegründet, wenn Dienste höherer Art geschuldet sind oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung (in der Regel bei Überschreitung der Beitragsbemessungsentgeltgrenze) gezahlt wird; für einen Account Manager in herausgehobener Funktion und mit einer Vergütung in Höhe von insgesamt 9.622,50 Euro brutto/Monat kommt ein Anspruch auf Überstundenvergütung aus stillschweigender Vergütungsvereinbarung demnach nicht in Betracht.
Normenkette
BGB § 612 Abs. 1; BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1, § 112 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 14.05.2013; Aktenzeichen 26 Ca 15350/12) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. Mai 2013 - 26 Ca 15350/12 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten als seiner früheren Arbeitgeberin die Zahlung einer höheren Abfindung sowie die finanzielle Abgeltung geleisteter Überstunden/Mehrarbeit.
Der - nach seinem Vorbringen: nunmehr 40 Jahre alte - Kläger war auf der Grundlage des schriftlichen "Außertariflichen Anstellungsvertrages" vom 05.05.2008 (Anl. K 1, Bl. 49 - Bl. 53 d. A., nebst Zusatzvereinbarung hierzu ebenfalls vom 05.05.2008, Anl. K 5, Bl. 74 d. A.) ab 01.02.2008 bei der Beklagten als "Account Manager, Core" mit dem Dienstsitz in Düsseldorf beschäftigt, wobei er nach seinem, unstreitig gebliebenen, Vorbringen zuletzt eine Vergütung von 9.623,78 € brutto/Monat (8.018,75 € brutto/Monat Grundgehalt zzgl. eines "monatlichen Zielincentive" in Höhe von 20 % hiervon = 1.603,75 € brutto/Monat zzgl. einer von ihm hierbei weiter angesetzten monatlichen Kontoführungsgebühr von 1,28 €) erhielt.
Im Zusammenhang mit, so die Beklagte, betrieblichen Umstrukturierungsmaßnahmen vereinbarte diese mit dem Betriebsrat der Region X. unter dem 13.08.2012 einen Sozialplan (Anl. K 3, Bl. 64 - 72 d. A.), der u. a. Abfindungsansprüche (dort § 7) enthält.
Auf dieser Grundlage schlossen der Kläger einerseits und die Beklagte sowie die Fa. Z. andererseits unter dem 24.08.2012 einen Dreiseitigen Vertrag (Anl. K 2, Bl. 54 - Bl. 63 d. A.), nach dem das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis "aus betriebsbedingten Gründen mit Ablauf des 30.09.2012" endete und der Kläger zum 01.10.2012 in die Transfergesellschaft als Partei dieses Dreiseitigen Vertrages übertrat. Der Kläger erhielt mit der Abrechnung für Oktober 2012 eine Abfindung von 57.465,28 € (brutto) ausbezahlt.
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Ansprüche zum einen auf weitergehende Abfindung unter Berufung darauf geltend, dass bei der Abfindungsberechnung sowohl die monatliche Kontoführungsgebühr von 1,28 € als auch, vor allem, ein voller, nicht - wie durch die Beklagte angesetzt - lediglich quotierter, Ansatz der Sozialzuschläge für seine beiden unterhaltsberechtigten Kinder und die für ihn maßgebliche Alterskomponente anzusetzen seien, und zum anderen auf finanzielle Abgeltung von insgesamt 513,25 erbrachten Überstunden/Mehrarbeit - was die Beklagte beides unter Verweis auf die gebotene Auslegung der Abfindungsregelung des Sozialplans und die fehlenden rechtlichen Voraussetzungen für Ansprüche auf Überstundenvergütung ablehnt.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts München vom 14.05.2013, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.06.2013 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses die Klage insgesamt mit der Begründung abgewiesen hat, dass der Kläger zum einen keinen Anspruch auf weitergehende Abfindung von 2.406,89 € brutto, wie hierzu geltend ge...