Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung befasst sich mit dem behaupteten Schadensersatzanspruch eines Arbeitnehmers gegen den Betriebsveräußerer wegen unzureichender Unterrichtung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang. Als Schadensersatz hat er die gerichtliche Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses beim Betriebsveräußerer eingeklagt. Der Kläger hatte allerdings auch nach Kenntniserlangung der fehlerhaften Unterrichtung von der Möglichkeit, Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses einzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass der behauptete Schaden – Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den inzwischen insolventen Erwerber – nicht kausal auf die fehlerhafte Information, sondern auf den Verzicht zur Einlegung des Widerspruchs zurückzuführen ist.
Normenkette
BGB §§ 613a, 280, 179; BetrVG §§ 111, 113
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen 31 Ca 2418/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12. Dezember 2007, Az.: 31 Ca 2418/07, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses, hilfsweise über einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger war seit 1. September 2000 bei der Beklagten mit einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt EUR 0,– beschäftigt.
Die Beklagte schloss am 17. August 2005 anlässlich der beabsichtigten Veräußerung des Bereichs C. (M. D.) an die B. M. GmbH & Co. OHG (im Folgenden: B. M.) mit dem bei der Beklagten gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen der von der S. AG, C. zur B. M. GmbH & Co. OHG übergehenden Mitarbeiter (Tarifkreis)” (Bl. 60 d. A.) samt Protokollnotiz (Bl. 58 d. A.). Unter Ziffer 4. der Protokollnotiz „Nachteilsausgleich bei betriebsbedingter Kündigung” war Folgendes geregelt:
„Aus heutiger Sicht sind keine betriebsbedingten Kündigungen vorgesehen.
Sollte es jedoch vor dem 31.09.2008 zu betriebsbedingten Kündigungen / Aufhebungsverträgen zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung bei B. M. kommen, erhalten Mitarbeiter, die aus B. M. ausscheiden, ohne gleichzeitig in den Ruhestand zu gehen, von B. M. eine Abfindung auf Basis des Bruttomonatseinkommens im Übertrittszeitpunkt nach der am jeweiligen Standort derzeit (Stand 16.08.2005) bestehenden / letztgültigen S.-Sozialplanregelung.
Es gilt folgende Regelung, sofern nichts Abweichendes zwischen B. M. und dem (Gesamt-)Betriebsrat vereinbart wird:
- • Bei einem Ausscheiden nach bis zu 1 Jahr ab Übergang 100 %
- • Bei einem Ausscheiden nach bis zu 2 Jahren ab Übergang 80 %
- • Bei einem Ausscheiden nach bis zu 3 Jahren ab Übergang 60 %
der Abfindungssumme gemäß der am jeweiligen Standort geltenden S.-Regelung.
Voraussetzung ist, dass unmittelbar nach dem betriebsbedingten Ausscheiden aus B. M. keine Tätigkeit bei einem verbundenen Unternehmen der B. M. oder der S. AG aufgenommen wird.
Wird innerhalb von drei Jahren nach dem Ausscheiden eine Beschäftigung bei B. M., der S. AG oder bei einem verbundenen Unternehmen aufgenommen, besteht eine Rückzahlungsverpflichtung für den zu 3 Jahren fehlenden Zeitraum in Höhe von 1/36 der Abfindungssumme je Monat.”
Mit Schreiben vom 29. August 2005 (Bl. 50 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger wie auch den anderen Mitarbeitern der Sparte C. mit, dass der Bereich C. zum 1. Oktober 2005 auf die B. M. übergehe.
Mit Datum vom 9. August 2006 unterzeichneten der Kläger sowie die B. M. einen Auflösungsvertrag, demzufolge das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 gegen Zahlung einer Abfindung von 42.500,– EUR sein Ende finden sollte. Der Kläger hat dem Betriebsübergang auf B. M. nicht widersprochen.
B. M. beantragte am 28. September 2006 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welche zum 1. Januar 2007 erfolgte. Die vereinbarte Abfindung ist im Hinblick auf die Insolvenz bisher nicht zur Auszahlung gelangt.
Mit seiner beim Arbeitsgericht am 16. Februar 2007 eingegangenen Klage vom selben Tag hat der Kläger – unter Berücksichtigung späterer Klageänderung – die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 42.500,– EUR, hilfsweise die Zahlung einer angemessenen Abfindung begehrt.
Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der entgangenen Abfindung gegen die Beklagte. Dabei könne sich die Haftung der Beklagten u. a. aus dem Gesichtspunkt der Haftung als Vertreter mit bzw. ohne Vertretungsmacht, aus Garantieerklärung oder aus der Betriebsvereinbarung vom 17. August 2005 ergeben. Schließlich könne sie sich auch daraus ergeben, dass die Beklagte ihre Informationspflicht gemäß § 613 a BGB nicht erfüllt habe. In jedem Falle habe er einen Anspruch auf Abfindung gemäß §...