Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Anwesenheitsprämie
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Anwesenheitsprämie monatlich im Rhythmus der Zahlungen des laufenden Arbeitsentgelts geleistet, muss durch Auslegung der jeweiligen Vereinbarung ermittelt werden, ob es sich um laufendes Arbeitsentgelt handelt, das der Unabdingbarkeit der Entgeltfortzahlungspflicht unterliegt, oder um eine Sondervergütung im Sinne des § 4 a Satz 1 EFZG. Dabei spricht die Zahlung der Anwesenheitsprämie im Rhythmus des laufenden Arbeitsentgelts regelmäßig für die Einordnung als laufendes und damit nicht kürzbares Entgelt.
Normenkette
EFZG § 4 Abs. 1, § 4a S. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Teilurteil vom 08.01.2009; Aktenzeichen 23 Ca 15203/07) |
Tenor
1.Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 08.01.2009 – 23 Ca 15203/07 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere
900.– EUR (i. W.: neunhundert Euro) brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.10.2007 zu zahlen.
2.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit für das Berufungsverfahren von Interesse – darüber, ob die Klägerin trotz krankheitsbedingter Ausfallzeiten die Zahlung eines sog. Gesundheitsbonus verlangen kann.
Die am 0.0.1964 geborene Klägerin war vom 01.02.2006 bis 15.11.2008 bei der Beklagten als TeleSales Profi beschäftigt, ihr Aufgabengebiet umfasste die telefonische Akquisition und vertriebliche Betreuung im Innendienst. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung der Klägerin.
Zur Vergütung vereinbarten die Parteien in § 5 ihres Arbeitsvertrages vom 01.02.2006:
„§ 5 Vergütung
Das monatliche Bruttogehalt beträgt Euro 0,00 und wird jeweils am Letzten eines Monats bargeldlos durch Überweisung auf ein Konto des Mitarbeiters, das dieser dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche nach Vertragsschluss bekanntzugeben hat, ausbezahlt. Zusätzlich erhält der Mitarbeiter
- einen Gesundheits-Bonus bei null Krankheitstagen im Kalendermonat, pro „vollen Monat”, in Höhe von Euro 0,– brutto monatlich;
- eine projektbezogene Provision in Höhe von bis zu Euro 0,– brutto monatlich bei 100 % Zielerreichung (anhand interner Beurteilungsmatrix).
Das Grundgehalt wird jährlich überprüft. Die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft des Arbeitgebers, die persönliche Leistung des Mitarbeiters sowie eine etwaige Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten sollen dabei angemessen berücksichtigt werden.
Die Zahlung etwaiger weiterer Bezüge (beispielsweise Weihnachts- oder Urlaubsgeld) erfolgt als freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Auch bei mehrmaliger Zahlung entsteht für die Zukunft kein Rechtsanspruch.”
Den Gesundheitsbonus zahlte die Beklagte jeweils im Folgemonat aus, wenn im Vormonat keine krankheitsbedingten Ausfallzeiten aufgetreten waren. In den Gehaltsabrechnungen ist er unter der Bezeichnung „Bonus (monatlich)” aufgeführt.
Im Dezember 2006 war die Klägerin an 19 Arbeitstagen arbeitsunfähig krank, im Juli 2007 an 22 Arbeitstagen. Aufgrund dessen zahlte die Beklagte in den Monaten Januar und August 2007 keinen Gesundheitsbonus. Mit Schreiben vom 16.07.2007 machte die Klägerin den im Monat Januar 2007, mit Schreiben vom 18.09.2007 auch den im Monat August 2007 nicht gezahlten Gesundheitsbonus unter Fristsetzung bis 30.09.2007 erfolglos geltend.
Mit ihrer am 08.11.2007 eingegangenen und der Beklagten am 15.11.2007 zugestellten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr stehe der vereinbarte monatliche Gesundheitsbonus auch für die Monate Januar und August 2007 in voller Höhe zu, weil dieser arbeitsvertraglich als laufende Zusatzzahlung und nicht als Sondervergütung nach § 4 a EFZG zu sehen sei.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, 1.000.– EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2007 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, es fehle an den tatbestandlichen Voraussetzungen für den Gesundheitsbonus, weil die Klägerin in den Monaten Dezember 2006 und Juli 2007 arbeitsunfähig krank gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 08.01.2009 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 100.– EUR brutto nebst Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.10.2007 zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat das im Wesentlichen damit begründet, der Gesundheitsbonus sei eine Sondervergütung im Sinne von § 4 a EFZG, was sich schon aus der Norm selbst ergebe. Bei einem durchschnittlichen Arbeitsentgelt von 0.– EUR monatlich ergebe sich eine monatliche Kürzungsmöglichkeit von 450.– EUR, so dass die Beklagte für die Monate Januar und August 2007 jeweils 50.– EUR trotz vormonatiger Erkrankung der Klägerin zahlen müsse. Ergänzend wird wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeits...