Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 269 Abs 3 ZPO ist gemäß § 54 Abs 5 S 4 ArbGG nicht analog anzuwenden (also keine fiktive Klagerücknahme), wenn von den Parteien im ersten Gütetermin aufgrund einer außergerichtlichen Absprache, über die sie das Gericht zuvor unterrichtet hatten, eine nicht erscheint, die andere nicht verhandelt und das Verfahren anschließend länger als sechs Monate ruht. Aufgrund eines außergerichtlichen Prozessvertrages über das Ruhen des Verfahrens gilt nicht § 54 Abs 5 ArbGG, sondern § 251 ZPO.

Die Unterrichtung des Gerichts hierüber war mit dem Antrag verbunden gewesen, den Gütetermin aufzuheben.

Dass dieser um 9.18 Uhr als Fax bei Gericht eingegangene Antrag dem Vorsitzenden vor der um 14.00 Uhr anberaumten Güteverhandlung auf einem Gerichtstag nicht vorgelegt worden ist, ändert daran nichts.

 

Normenkette

ArbGG § 54 Abs. 5 S. 4; ZPO § 269 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Urteil vom 19.09.2005; Aktenzeichen 7 Ca 2076/04 D)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers vom 27. Oktober 2005 wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 19. September 2005 aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht Augsburg zurückverwiesen.

3. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Der im Mai 1959 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger war seit dem 13. September 1990 bei der Beklagten als Monteur beschäftigt gewesen. Als ihm diese mit Schreiben vom 28. April 2004 (Blatt 13 der Akte) eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 30. September 2004 aussprach, ließ er dagegen mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 12. Mai 2004 Kündigungsschutzklage verbunden mit einem allgemeinen Feststellungsantrag und einem Beschäftigungsantrag erheben.

Nach zwei Verlegungsanträgen war Termin zur Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Augsburg, Gerichtstag Donauwörth, auf den 7. Juni 2004, 14:00 Uhr, bestimmt worden.

Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2004, vorweg per Fax eingegangen um 9:18 Uhr beim Arbeitsgericht Augsburg (Blatt 33/34 der Akte), haben die klägerischen Prozessbevollmächtigten beantragt, in Übereinstimmung mit der Beklagtenseite das Ruhen des Verfahrens mit dem Recht des jederzeitigen Wiederaufrufs anzuordnen. Zur Begründung ist vorgetragen worden, die Parteien befänden sich derzeit in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen, so dass eine außergerichtliche Streitbeilegung in dieser Rechtsangelegenheit möglich erscheine. Gleichzeitig ist darum gebeten worden, den auf den 7. Juni 2004, 14:00 Uhr, anberaumten Termin zur Durchführung der Güteverhandlung aufzuheben.

Eine Terminaufhebung erfolgte nicht. Zum Termin war nur der Beklagtenvertreter erschienen. Er teilte nach dem Tatbestand des Ersturteils mit, dass der heutige Termin von keiner Partei wahrgenommen werde, da man sich in außergerichtlichen Verhandlungen befände.

Mit Beschluss vom 7. Juni 2004 hat das Erstgericht daraufhin das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Blatt 37/38 der Akte).

Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2005 beantragten die klägerischen Prozessbevollmächtigten die Fortsetzung des Verfahrens mit der Begründung, die Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien seien gescheitert.

Die Beklagte ist diesem Antrag unter Hinweis auf § 54 Abs. 5 ArbGG in Verbindung mit § 269 Abs. 35 ZPO entgegengetreten.

Nach entsprechender Antragstellung hat das Erstgericht entschieden, dass die Klage als zurückgenommen gilt. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe seines Endurteils vom 19. September 2005 wird Bezug genommen.

Mit der am 28. Oktober 2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 19. Dezember 2005 zugestellte Entscheidung verfolgt der Kläger seinen Kündigungsschutzantrag weiter. Die Begründung dazu ist am 6. Dezember 2005 eingegangen. Darin wird die Ansicht vertreten, ein Ruhen des Verfahrens gem. § 54 Abs. 5 Satz 1 ArbGG könne vom Gericht nur angeordnet werden, wenn in einem ordnungsgemäß anberaumten Gütetermin sowohl Kläger als auch Beklagte bzw. deren Vertreter zum Termin nicht erscheinen oder beide Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigte im Gütetermin erscheinen, jedoch nicht verhandeln. Dieser Fall sei vorliegend nicht gegeben. Gemäß Protokoll über die öffentliche Sitzung des Arbeitsgerichts Augsburg vom 7. Juni 2004 war bei Aufruf der Sache für die Beklagte Herr Rechtsanwalt H. erschienen. Die Berufungsanträge lauten damit:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 19. September 2005, Az.: 7 Ca 2076/04 D, wird aufgehoben.
  2. Es wird festgestellt, dass die Klage als nicht zurückgenommen gilt.
  3. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht Augsburg zurückverwiesen.

Die Beklagte lässt beantragen:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet sie bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt sie entgegen. Ihr Prozessbevollmächtigter sei zum Termin am 7. Juni 2004 zwar erschienen...

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