Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft leitender Angestellter der Muttergesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Ein Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft ist nicht zwingend leitender Angestellter der Muttergesellschaft, bei der er angestellt ist. Für die Qualifikation der Stellung im Arbeitgeberunternehmen sind die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum Begriff des leitender Angestellter anzuwenden, und es ist zu überprüfen wie sich die Organtätigkeit bei der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft auswirkt und ob sie sich unter mindestens einen der Fälle des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG subsumieren läßt.
Orientierungssatz
1.Leitender Angestellter ist nicht zwingend, wer im Tochterunternehmen Geschäftsführer ist, wenn er nicht zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist.
2. Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 6 AZN 516/00.
Normenkette
BetrVG § 5 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 10.08.1999; Aktenzeichen 25 Ca 9523/98) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 10.08.1999 – Az. 25 Ca 9523/98 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der ordentlichen Arbeitgeberkündigung vom 18.06.1998 zum 30.06.1999.
Der Kläger steht seit dem 01.01.1974 bei der Beklagten im Arbeitsverhältnis, zuletzt auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 20.02.1991 (Bl. 5-10 d.A.), auf den Bezug genommen wird. Nach Punkt I. Abs. 5 dieses Vertrags gehen die Parteien davon aus, dass der Kläger als „Obere Führungskraft” zu den leitenden Angestellten des Unternehmens im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gehört. Er hat auch ab 1991 an den Wahlen zum Sprecherausschuß für die leitenden Angestellten teilgenommen und bezieht unstreitig ein Jahresarbeitsentgelt, das für leitende Angestellte bei der Beklagten üblich ist.
Mit Ergänzungsvereinbarung vom 12.07.1995 (Bl. 11-15 d.A.) wurde der Kläger mit Wirkung ab 01.07.1995 für die Dauer von zunächst vier Jahren zum Geschäftsführer der und … bestellt. Für diese Geschäftsführertätigkeit gilt bei der Beklagten unstreitig die generelle „Funktionsbeschreibung Geschäftsführer der Gesellschaft X (reine Vertriebsgesellschaft)” (Bl. 181-183 d.A.). Nach Aufnahme seiner Tätigkeit in … wurde dem Kläger mit Schreiben vom 09.08.1995 (Bl. 136 d.A.) mitgeteilt, dass seine Prokura für die Beklagte für die Zeit seiner Entsendung nach … hinfällig” geworden sei und er davon keinen Gebrauch machen dürfe.
Am 04.03.1998 fand zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten, Herrn … ein Mitarbeitergespräch statt, in welchem Herr … Stärken und Schwächen des Klägers diskutierte und Vorschlug, dass der Kläger die ihm zuerkannten Stärken in einer neuen Position in der Hauptverwaltung in München besser nutzen solle. Der Kläger antwortete darauf, dass er sich falsch beurteilt fühle und dass die ihm angebotene neue Stelle nach der hierarchischen Einordnung nicht adäquat sei. Nach einem weiteren Gespräch mit Herrn kam es ab dem 20.04.1998 zu mehreren Telefonaten zwischen dem Kläger und dem zuständigen Bereichsleiter, Herrn …, in denen dem Kläger nunmehr eine Stelle als Leiter eines Business Teams im Geschäftsbereich … angeboten wurde. Der Kläger lehnte auch dieses Angebot ab.
Mit Schreiben vom 14.05.1998 (Bl. 59 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er, wie bereits besprochen, mit Wirkung zum 01.07.1998 in den Geschäftsbereich L. versetzt werde als Leiter des Business Teams „Neue Technologie” in der neu zu gründenden „powder-company”. Am 17.06.1998 führte der Leiter des Zentralbereichs, Herr …, noch ein weiteres Gespräch mit dem Kläger.
Die Parteien sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob es in diesem Gespräch zu einer Abmahnung gekommen ist. Als Ergebnis dieser Unterredung fertigte Herr … ein vom Kläger gegengezeichnetes Protokoll (Bl. 60 d.A.) an, wonach der Kläger mitgeteilt habe, dass er die „angebotene” neue Stelle nicht annehmen werde.
Mit Mitteilung vom 19.06.1998 (Bl. 61-62 d.A.) hörte die Beklagte den Sprecherausschuß für die leitenden Angestellten zur geplanten ordentlichen Kündigung des Klägers zum 30.06.1999 unter Beifügung eines Entwurfs des Kündigungsschreibens vom 18.06.1998 an. Am 25.06.1998 teilte der Sprecherausschuß durch seinen Vorsitzenden mit, dass gegen die geplante Kündigung keine Einwände erhoben würden (Bl. 63). Am 26.06.1998 ging dem Kläger das Kündigungsschreiben vom 18.06.1998 zu.
Der Kläger ist der Auffassung, dass diese Kündigung wegen Verstoßes gegen § 102 BetrVG nichtig sei. Er sei nämlich aufgrund fehlender entsprechender Kompetenzen kein leitender Angestellter i. S. von § 5 Abs. 3 BetrVG, deshalb habe der Betriebsrat, nicht der Sprecherausschuß, zu seiner Kündigung angehört werden müssen. Jedenfalls sei die Kündigung aber sozialwidrig i. S. von § 1 Abs. 2 KSchG, da es an einer vorangegangenen Abmahnung fehle und zumindest die Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausgehe.
Mit U...