Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitverlängerung
Leitsatz (amtlich)
1. Streitgegenstand eines auf § 9 TzBfG gestützten Anspruches eines Teilzeitbeschäftigten auf Arbeitszeitverlängerung ist – kann nur sein – eine konkrete Besetzungsentscheidung.
2. Wird eine ausgeschriebene Stelle mit verlängerter Wochenarbeitszeit anderweitig besetzt, ist der übergangene Bewerber auf einen Schadensersatzanspruch verwiesen.
3. Zur Abwägungsentscheidung gemäß § 9 TzBfG – gleiche Eignung des Teilzeitbeschäftigten einerseits und dringende betriebliche Gründe andererseits – im Einzelfall.
Normenkette
TzBfG § 9
Verfahrensgang
ArbG Rosenheim (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen 2 Ca 81/05 Tr) |
Tenor
I.Auf die Berufung der Beklagten wird dasEndurteil desArbeitsgerichts Rosenheim – Kammer Traunstein – vom20. Oktober 2005 – 2 Ca 81/05 Tr – in den Ziffern 1. und 2. abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
III.Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die teilzeitbeschäftigte Klägerin macht einen Anspruch auf Annahme ihres Angebots auf unbefristete Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit auf eine Vollzeitbeschäftigung seitens der Beklagten als Arbeitgeberin geltend.
Die Klägerin ist nach ihrem Vorbringen seit 01.04.2003 – nach Darlegung der Beklagten: seit 16.05.2002 – im Zustelldienst der Niederlassung BRIEF R. der Beklagten im Rahmen einer unbefristeten Teilzeitbeschäftigung mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 23,5 Stunden beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 14.03.2003, Bl. 5/6 d. A.). Mit Schreiben vom 13.08.2004 (Anl. K2, Bl. 7 d. A.) stellte die Klägerin einen „Antrag auf Verlängerung der Wochenarbeitszeit gem. § 9 Teilzeit-/Befristungsgesetz” mit einer unbefristeten Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit auf eine Vollzeitbeschäftigung von 38,5 Stunden. Mit Schreiben ebenfalls vom 13.08.2004 (Anl. K3, Bl. 8 d. A.) bewarb sich die Klägerin auf den ausgeschriebenen freien (Vollzeit-)Arbeitsposten des Bezirkes 000000-00 beim ZSP Ch., welche Bewerbung die Beklagte mit einem Schreiben (undatiert) ablehnte (Anl. K4, Bl. 9 d. A.). Mit weiterem Schreiben vom 25.10.2004 (Anl. K5, Bl. 10/11 d. A.) der Gewerkschaft ver.di beantragte die Klägerin unter Verweis auf ihre Bewerbung vom 13.08.2004 erneut die Erhöhung ihrer Arbeitszeit auf 38,5 Stunden pro Woche unter Berufung auf § 9 TzBfG, was von der Beklagten mit Schreiben vom 17.11.2004 (Anl. K6, Bl. 12/13 d. A.) wiederum abgelehnt wurde. Seit etwa Anfang 2004 hat die Klägerin durchgehend jeweils befristete Ergänzungsverträge mit der Aufstockung auf eine Vollzeitarbeitszeit mit unterschiedlichen Befristungsgründen erhalten.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im Übrigen und des streitigen Vorbringens sowie der Anträge der Parteien im Ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichts Rosenheim – Kammer Traunstein – vom 20.10.2005, das der Beklagten am 01.12.2005 zugestellt wurde, Bezug genommen, mit dem dieses dem zuletzt gestellten Antrag der Klägerin – die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerin zu(r) unbefristeten Erhöhung ihrer Wochenarbeitszeit (= 38,5 Wochenstunden) vom 13.08.2004 mit Wirkung ab 01.10.2004 anzunehmen – mit der Begründung stattgegeben hat, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wie die Klägerin nach § 9 TzBfG bei der Besetzung einer freien Vollzeitstelle bevorzugt zu berücksichtigen seien. Wenn die Beklagte dem Begehren der Klägerin auf Vollzeitbeschäftigung entgegen halte, sie sei (im Rahmen ihrer Bewerbung vom 13.08.2004) gegenüber Herrn K. als vorgezogenen Bewerber weniger qualifiziert gewesen und habe daher nicht berücksichtigt werden müssen, sei dies unrichtig und dem Grunde nach verfehlt, wobei die Beklagte auch nicht einwenden könne, dass der Übertragung der Vollzeitstelle auf die Klägerin dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 9 TzBfG entgegenstünden, da solche nicht vorhanden und nicht ersichtlich seien. Die Behauptung der Beklagten hinsichtlich eines Personalüberhangs werde durch die in Ch. tatsächlich eingesetzten Vertretungskräfte widerlegt, wobei in Ch. noch eine andere Arbeitnehmerin, die vom Bereich R. gekommen sei, als Vollzeitkraft beschäftigt werde – weshalb es in keiner Weise ersichtlich sei, dass es zwingende und unabweisbare Gründe gegen eine Vollzeitbeschäftigung der Klägerin gegeben habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz vom 21.12.2005, am 23.12.2005 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, zu deren Begründung sie fristgerecht vorgetragen hat, dass das Arbeitsgericht übersehe, dass die Klägerin nur dann einen Anspruch auf die bevorzugte Berücksichtigung gehabt hätte, wenn sie im Verhältnis zu den übrigen Bewerbern gleich geeignet gewesen wäre, wobei die Beklagte bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen habe, dass sie aus den, neben der Klägerin, weiteren vier Bewerbern für den freien Arbeitsposten beim ZSP Ch. den Arbeitnehmer K. als den geeignetsten Bewer...