Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlungsgrundsatz bei Teilzeitbeschäftigten
Leitsatz (amtlich)
Gleichbehandlungsgrundsatz bei teilzeitbeschäftigten Orchestermusikern bei Anwendbarkeit des „Tarifvertrag(s) für die Musiker in Kulturorchestern” (TVK) – Ansprüche auf Mehr(arbeits)vergütung bei überproportionaler tatsächlicher Arbeitszeit
Normenkette
TzBfG 4 Abs. 1 Sätze 1-2; TVK §§ 3, 15, 21
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 15.11.2006; Aktenzeichen 36 Ca 17577/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird dasEndurteil desArbeitsgerichts München vom15. November 2006 – 36 Ca 17577/05 – in den Ziffern 2., 3. und 5., unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, abgeändert:
Die Klage auf Zahlung von Mehrarbeitsvergütung wird abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die der Klägerin als teilzeitbeschäftigter tutti-Bratscherin zulässigerweise zuweisbare Anzahl von Orchesterdiensten und damit zusammenhängende Vergütungsansprüche.
Die Klägerin ist, zunächst gemäß Arbeitsvertrag vom 27./29.11.1996 (Anl. K1, Bl. 7 d. A.), seit 01.09.1997 im B. St., dessen Träger der Beklagte ist, als Bratscherin (tutti) mit einer regelmäßigen Monatsvergütung von, auf der Basis einer Vollzeitbeschäftigung, 4.327,92 EUR brutto/Monat beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Tarifbindung sowie einzelvertraglicher Vereinbarung der „Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern” (TVK) vom 01.07.1971, zuletzt in der Fassung vom 04.12.2002, Anwendung.
Nach dem Beschäftigungsverbot ab 08.01.1999 vor Geburt ihres ersten Kindes am 00.00.1999 nahm die Klägerin im Anschluss an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG bis 07.07.2000 Erziehungsurlaub. In unmittelbarem Anschluss hieran befand sie sich vor Geburt ihres zweiten Kindes am 00.00.2000 ab 08.07.2000 erneut in Mutterschutz. Daran anschließend hatte sie bis 31.07.2003 wiederum Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit. Ab 08.01.2003 befand sich die Klägerin vor Geburt ihres dritten Kindes erneut in Mutterschutz.
Gemäß Änderungsvertrag vom 07./11.06.2001 wurde die Klägerin im Zeitraum vom 12.02.2001 bis 31.07.2003 mit der Hälfte der Dienste einer vollbeschäftigten Orchestermusikerin teilzeitbeschäftigt.
Mit Schreiben vom 29.04.2001 beantragte die Klägerin für die Zeit nach Ablauf ihrer – damaligen – Elternzeit Teilzeitbeschäftigung im Umfang einer halben Stelle, was der Beklagte mit Schreiben vom 01.06.2001 ablehnte. Daraufhin erhob die Klägerin mit am 06.03.2002 beim Arbeitsgericht München eingegangenem Schriftsatz Klage auf Zustimmung des Beklagten zur Verringerung ihrer Arbeitszeit ab 01.08.2003 dahin, dass ihre Arbeitszeit ab diesem Zeitpunkt die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers umfassen solle. Mit Endurteil vom 16.10.2002 (Az. 33 Ca 3797/02, hier vorgelegt in Anl. K2, Bl. 8 bis 25 d. A.) gab das Arbeitsgericht München der Klage mit eben diesem Ausspruch statt. Die Berufung des Beklagten wurden mit Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 28.05.2003 (Az. 10 Sa 1076/02) und die vom Beklagten hiergegen eingelegte Revision mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.04.2004 (Az. 9 AZR 522/03 – hier vorgelegt unter Bl. 48 bis 61 d. A.) zurückgewiesen. Daraufhin schlossen die Parteien unter dem 14./20.07.2004 (u. a. Anl. B1, Bl. 85 d. A.) erneut einen Änderungsvertrag, mit dem der Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 01.07.2004 dahin geändert wurde, dass die Arbeitszeit der Klägerin „die Hälfte der Dienste eines vollbeschäftigten Orchestermusikers gemäß § 3 Abs. 3 TVK i. V. m. § 15 Abs. 2 TVK beträgt”.
Die vollbeschäftigten Bratscher des B. St. haben unstreitig tatsächlich (deutlich) weniger als die nach der tarifvertraglichen Regelung maximal zulässige Zahl von Diensten zu leisten. Ebenfalls unstreitig wird die Klägerin im Rahmen ihrer nunmehrigen hälftigen Teilzeitbeschäftigung nicht mit einer Dienstbelastung von 50 % der Dienste, die ein vollbeschäftigter tutti-Bratschist der Instrumentengruppe Bratsche des B. St. tatsächlich zu leisten hat, beschäftigt, sondern der Beklagte sieht sich berechtigt, der Klägerin gegenüber Dienste in Höhe von 50 % der nach der tarifvertraglichen Regelung maximal zulässigen Anzahl von Diensten anzuordnen.
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, dass der Beklagte es zu unterlassen habe, ihr gegenüber Dienste anzuordnen, die innerhalb einer Spielzeit die Hälfte des Durchschnitts der von den vollzeitbeschäftigten Tuttisten der Instrumentengruppe Bratsche tatsächlich im gleichen Zeitraum geleisteten Dienste überstiegen. Des Weiteren verlangt die Klägerin Nachzahlung höherer Vergütung im Verhältnis ihrer zur hälftigen tatsächlichen Dienstbelastung der vollbeschäftigten Bratscher höheren Dienstebelastung.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts im...