Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung von Arbeitsverträgen wissenschaftlicher. Mitarbeiter einer Landtagsfraktion
Leitsatz (amtlich)
1. Die Fraktionen des Bayer.Landtags sind nach dem Bayer.Fraktionsgesetz juristische Personen des Privatrechts.
2. Konstituiert sich nach Neuwahlen die Fraktion derselben politischen Partei wieder, so gilt die bisherige Fraktion der vorangegangenen Legislaturperiode als fortbestehend.
3. Eine Fraktion kann Arbeitsverträge mit sog. wissenschaftlichen Mitarbeitern für die Dauer der Legislaturperiode wirksam befristen.
4. Der sachliche Grund für die Befristung derartiger Arbeitsverträge liegt in der tendenzbezogenen Vor- und Zuarbeit, die diese Mitarbeiter für die politische Arbeit der Abgeordneten leisten. Insoweit ist es aus dem verfassungsrechtlichen Status der Abgeordneten und ihrer Fraktion heraus anzuerkennen, daß diese ihre Nachfolger nach Neuwahlen in der Auswahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter nicht binden wollen
Normenkette
BGB § 620
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 13.12.1995; Aktenzeichen 16 Ca 13352/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.12.1995 – 16 Ca 13352/94 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger, der bereits in der 11. Legislaturperiode des Bayerischen Landtags ab 1.10.1987 befristet für die damalige Fraktion „Die Grünen” als Fraktionsmitarbeiter tätig gewesen war, schloß mit der Fraktion „Die Grünen” im 12. Bayerischen Landtag einen neuen Anstellungsvertrag über eine Tätigkeit ab 1.2.1991 als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Wirtschaftspolitik (Bl. 8/11 d.A.). In § 1 Ziff. 2a dieses Arbeitsvertrages ist festgelegt, daß das Arbeitsverhältnis drei Monate nach Ablauf der 12. Legislaturperiode enden sollte. Der Kläger wurde in Vergütungsgruppe IV b BAT eingereiht und erhielt zuletzt ein Gehalt von DM 5.429,– brutto. Insgesamt beschäftigte die Fraktion „Der Grünen” 19 Arbeitnehmer, davon 13 sogenannte wissenschaftliche Mitarbeiter (Stand 12.1.1994).
Entsprechend einer internen Stellenausschreibung (vgl. Bl. 218 d.A.), die unstreitig den Aufgabenbereich auch des Klägers richtig umschreibt, umfaßte die Arbeit des Klägers insbesondere folgende Aufgaben:
- Aktive Beratung der Fraktion in allen fachlichen Fragen (Recherche, Konzeption, Formulierung und interne Abstimmung von parlamentarischen Initiativen); Teilnahme und ggf. inhaltliche und organisatorische Vorbereitung von Veranstaltungen der Fraktion (Facharbeitskreis, Fraktionssitzungen, Fahrten etc.), soweit fachlich erforderlich.
- Unterstützung des Wirtschaftspolitischen Sprechers der Fraktion sowie Vorbereitung von und Zuarbeit zu Ausschuß- und Plenumssitzungen der entsprechenden Fachabgeordneten.
- Informationsaustausch und Kontaktpflege mit Verbänden, Initiativen, Behörden und wissenschaftlichen Instituten aus dem Fachbereich sowie mit dem Fachgremien der Partei (insb. LAKs) und anderen bündnisgrünen Institutionen. Vertretung der Fraktion bei externen fachlichen Terminen in Abstimmung mit dem Wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktion.
- Organisation von fachlicher Korrespondenz, Anfragen, Büro, Ablage und Terminen.
- Ausarbeitung, Begleitung und Unterstützung von Schwerpunktvorhaben im Fachbereich Wirtschaft in Abstimmung mit dem Wirtschaftspolitischem Sprecher der Fraktion.
- Inhaltliche und organisatorische Vor- und Nachbereitung von Anhörungen und Fachtagungen etc. in Abstimmung mit dem Wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktion.
- Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion in Abstimmung mit dem Wirtschaftspolitischem Sprecher der Fraktion sowie dem Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit.
Der am 25.9.1994 neu gewählte Bayerische Landtag konstituierte sich am 15.10.1994. Die für die Partei „Bündnis 90/Die Grünen” gewählten Abgeordneten bildeten entsprechend der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtages erneut eine Fraktion. Mit Schreiben des Fraktionsvorstandes vom 27.12.1994 (Bl. 64 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie von der Wirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrages ausgehe und dieses deshalb am 15.1.1995 ende. Sie werde dem Kläger keinen neuen Vertrag anbieten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß es für die Befristung seines Arbeitsvertrages an einem sachlichen Grund fehle und die Beklagte nach der Neuwahl in ihm zunächst das Vertrauen begründet habe, das Arbeitsverhältnis mit ihm fortzusetzen. Die Berufung auf die Befristung sei mißbräuchlich.
Das Arbeitsgericht München hat die auf Feststellung gerichtete Klage, daß das Arbeitsverhältnis über den 15.1.1995 hinaus unverändert fortbestehe und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verpflichtet sei, abgewiesen.
Gegen das ihm am 14.3.1996 zugestellte Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der rechtli...