Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderurlaub, Beschäftigungszeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zeit des Sonderurlaubs nach § 50 Abs. 2 BAT gilt nur dann als Beschäftigungszeit (§ 19 BAT), wenn der Arbeitgeber vor Antritt des Sonderurlaubs ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung schriftlich anerkannt hat.

Hat er statt dessen das Vorliegen eines betriebliches Interesses abgelehnt, muss der Arbeitnehmer seine Rechte vor Antritt des Sonderurlaubs geltend machen, gegebenenfalls auch mittels einstweiliger Verfügung eine Klärung herbeiführen.

 

Normenkette

BAT §§ 19, 50 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 11.04.2001; Aktenzeichen 19 Ca 11118/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin vom 11. Juni 2001 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 11. April 2001 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Für die Klägerin wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie ein der Klägerin gewährter Sonderurlaub rechtlich zu bewerten ist, insbesondere, ob er als Beschäftigungszeit i. S.v. § 19 BAT gilt.

Die Klägerin ist seit 1. Mai 1990 bei der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 26. April 1990 (Bl. 41 der Akte) beschäftigt, zunächst als Krankenschwester, ab 1. Februar 1999 als Stationssekretärin, da sie aufgrund eines am 16. Januar 1995 erlittenen Unfalls ihre ursprüngliche Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte. Parallel dazu hatte sie sich auf Anraten entschlossen, eine weitere Ausbildung zur medizinischen Dokumentarin aufzunehmen und erhielt auch einen entsprechenden Ausbildungsplatz angeboten.

Ihr Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub für diese Ausbildung war von der Beklagten zunächst abgelehnt worden (Schreiben vom 16. November 1999 – Blatt 45 der Akte). Die Klägerin schaltete daraufhin ihre anwaltschaftlichen Vertreter ein (Schreiben vom 23. November 1999 – Blatt 46 bis 48 der Akte) und erhielt nun von der Beklagten mit Schreiben vom 29. November 1999 (Blatt 47 der Akte) den begehrten unbezahlten Sonderurlaub für die Zeit vom 6. Dezember 1999 bis 30. November 2002 gewährt. Gleichzeitig war in diesem Schreiben darauf hingewiesen worden, dass der Klägerin aus heutiger Sicht nach erfolgreich abgeschlossener Umschulung kein Arbeitsplatz als medizinische Dokumentarin angeboten werden könne und die Zeit des unbezahlten Urlaubs nicht als Beschäftigungszeit im Sinne des § 19 BAT gelte, da die Weiterbildung als nicht im dienstlichen Interesse liegend angesehen werde. Ihr Erholungsurlaub werde für jeden vollen Kalendermonat der Beurlaubung um ein Zwölftel gekürzt werden.

Die Klägerin möchte diesen Sonderurlaub als Beschäftigungszeit im Sinne von § 19 BAT gewertet bekommen und beruft sich dazu auf § 50 Abs. 3 BAT. Die Beklagte suche ständig neben der Tätigkeit als medizinische Dokumentarin auch medizinische Dokumentationsassistenten.

Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 9. August 2000 hat sie dieses Begehren gerichtlich weiterverfolgen lassen mit den Anträgen:

  1. Es wird festgestellt, dass der der Klägerin gewährte Sonderurlaub vom 6. Dezember 1999 bis 30. November 2002 zur Ausbildung als medizinische Dokumentarin Beschäftigungszeit im Sinne des § 19 BAT darstellt.
  2. Es wird festgestellt, dass eine Verminderung des Erholungsurlaubs der Klägerin während des Sonderurlaubs zur Ausbildung als medizinische Dokumentarin vom 6. Dezember 1999 bis 30. November 2002 nicht stattfindet.

Diese Anträge sind vor dem angerufenen Arbeitsgericht München aber erfolglos geblieben; auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des klageabweisenden Endurteils vom 11. April 2001 wird Bezug genommen.

Mit der am 11. Juni 2001 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 11. Mai 2001 zugestellte Entscheidung verfolgt die Klägerin ihre Begehren weiter. Die Berufungsbegründung ist innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 10. August 2001 eingegangen. Darin wird die von der Beklagten im Rahmen des § 50 BAT getroffene Ermessensentscheidung als gerichtlich überprüfbar gewertet und eine Pflicht der Klägerin, das streitige dienstliche oder betriebliche Interesse im Rahmen einer einstweiligen Verfügung vor Antritt des Sonderurlaubs feststellen zu lassen, abgelehnt. § 50 Abs. 3 BAT sei entgegen den Vorstellungen des Arbeitsgerichts dahin auszulegen, dass der Arbeitnehmer vor Antritt des Sonderurlaubs vom Arbeitgeber die Anerkennung als Beschäftigungszeit zu verlangen habe; lehne der Arbeitgeber dies ab, könne eine gerichtliche Klärung auch nach Antritt des Sonderurlaubs noch erfolgen. Und im Streitfall wird die von der Beklagten getroffene Entscheidung als unwirksam angesehen, einmal, weil eine Ermessensentscheidung gar nicht getroffen worden sei, zum anderen, weil ein dienstliches wie ein betriebliches Interesse an einer Fortbildung der Klägerin zur medizinischen Dokumentarin vorliege.

Die Berufungsanträge lauten damit:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München, 19 Ca 11118/00, vom 11. April 2001 wird aufgehoben.
  2. Es wird festgestellt, dass der der Kläge...

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