Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. 80 % oder 100 %

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 7 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages vom 18.11.1994 für gewerbliche Arbeitnehmer, sowie gewerbliche Auszubildende in folgenden Handwerken: Gas- und Wasserinstallateur, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer (einschl. Klimaanlagenbauer), Spengler (Flaschner, Klempner), Kupferschmied (Apparate- und Rohrleitungsbauer), hat der Arbeitnehmer bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 %

 

Normenkette

EFZG § 4 Abs. 1 S. 1 n. F

 

Verfahrensgang

ArbG Rosenheim (Urteil vom 20.11.1997; Aktenzeichen 2 Ca 262/97 Tr)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 20.11.1997 – 2 Ca 262/97 Tr – abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 684,14 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 26.03.1997 zu bezahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 11. Januar 1988 als Lüftungsdeckenbauer mit einem Stundenlohn von DM 23,51 brutto beschäftigt.

Im Januar 1997 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt (145,5 Std.). Die Beklagte zahlte an den Kläger für diese Zeit 80 % Entgeltfortzahlung in Höhe von DM 2.736,56.

Der Kläger verlangt mit der vorliegenden Klage eine 100 %-ige Entgeltfortzahlung und somit noch einen Differenzbetrag in unstreitiger Höhe von DM 684,14 brutto.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag vom 18. November 1994 für gewerbliche Arbeitnehmer sowie gewerbliche Auszubildende in folgenden Handwerken

  • Gas- und Wasserinstallateur
  • Zentralheizungs- und Lüftungsbauer (einschl. Klimaanlagenbauer)
  • Spengler (Flaschner, Klempner)
  • Kupferschmied (Apparate- und Rohrleitungsbauer)

in Bayern, gültig ab dem 1. Januar 1995 (im folgenden MTV), anzuwenden.

Dieser MTV bestimmt für „Krankheit und Todesfall” in § 7 soweit vorliegend von Interesse:

  1. Für die Zahlung des Lohnes im Krankheitsfalle gelten die gesetzlichen Bestimmungen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.

    Das Arbeitsentgelt gemäß § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen bzw. den diesem Zeitraum entsprechenden Lohnabrechnungsperioden vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erhalten hat. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraumes oder der Arbeitsunfähigkeit eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen.

    Der so festgestellte Verdienst ist durch die Zahl der im Berechnungszeitraum bezahlten regelmäßigen tariflichen Arbeitsstunden zu teilen. Das Ergebnis stellt den Geldfaktor dar, welcher mit der Zahl der während der Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen regelmäßigen tariflichen Arbeitsstunden zu vervielfältigen ist; solange kurz gearbeitet wird, tritt die verkürzte Arbeitszeit anstelle der tariflichen Arbeitszeit.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünden für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit 100 % seines Lohnes zu, was sich aus § 7 MTV ergebe. Hierbei handle es sich um eine eigenständige, konstitutive Regelungen der Entgeltfortzahlung. Im Übrigen verstosse die Absenkung der Entgeltfortzahlung auf 80 % im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmer gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Angestellten im Betrieb tariflich weiterhin die volle Gehaltsfortzahlung erhielten.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte zu verurteilen, DM 684,14 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, § 7 MTV beinhalte in Abs. 1 der Ziff. 1 eine dynamische Verweisung und regele in Abs. 2 der Ziff. 1 lediglich die Bemessungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung abweichend vom Gesetz. Der Gleichbehandlungsgrundsatz werde nicht verletzt, allenfalls müssten auch die Angestellten auf 80 % Entgeltfortzahlung herab gestuft werden.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 20. November 1997, das dem Kläger am 22. Dezember 1997 zugestellt wurde, die Klage abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner am 14. Januar 1998 eingelegten und am 12. Februar 1998 begründeten Berufung.

Die Beklagte hat um Zurückweisung der Berufung gebeten.

Die Parteien haben in der Berufungsinstanz im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen vertiefend wiederholt.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Sie führt zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils und zur Verurteilung der Beklagten zur Entgeltfortzahlung in voller Höhe und zur Zahlung eines der Höhe nach unstrittigen Betrages von D...

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