Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegezeiten. Omnibusfahrer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wegezeiten eines Omnibusfahrers, auf dessen Arbeitsverhältnis der BMT-G II i. V. mit dem Bezirkstarifvertrag Nr. 4 hierzu für Arbeiter im Fahrdienst bei Nahverkehrsbetrieben im Bereich des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern zur Anwendung kommt, sind, soweit es sich dabei um die Zeiten handelt, in denen er sich von der ersten Ablösestelle (nach Beendigung seiner Arbeit im ersten Schichtteil) zur zweiten (Aufnahme seiner Arbeit zu Beginn des zweiten Schichtteils) begibt, keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten.

2. Für das Tatbestandsmerkmal der im Voraus feststehenden Ruhepausen des § 4 S. 1 ArbZG genügt es, dass zu Beginn der täglichen Arbeitszeit ein bestimmter zeitlicher Rahmen feststeht, innerhalb dessen die Ruhepause genommen werden kann, ohne dass es dazu einer konkreten kollektiven Regelung oder Absprachen des Klägers mit Kollegen bedarf. Damit ist der Schutzzweck des § 4 ArbZG durchaus gewahrt, denn es liegt nicht in der Hand der Beklagten, sondern allein des Klägers, wann er in diesem vorgegebenen zeitlichen Rahmen seine Ruhepausen nehmen will.

 

Normenkette

BMT-G II; Bezirkstarifvertrag Nr. 4 zum BMT-G II

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 02.08.2006; Aktenzeichen 7 Ca 3929/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.11.2008; Aktenzeichen 6 AZR 765/07)

 

Tenor

1. DasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom 2. August 2006 – Gz.:7 Ca 3929/06 – wird geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Gegen dieses Urteil wird seitens des Klägers die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die vergütungs- und arbeitszeitrechtliche Behandlung von Wegezeiten, die dadurch entstehen, dass sich der Kläger im Rahmen einer Dienstschicht von einer Ablösestelle, an der er den ersten Schichtteil beendet hat, zur weiteren Ablösestelle begibt, an der er den zweiten Schichtteil beginnt.

Er ist am 0.0.1953 geboren und seit 1. Oktober 1976 auf der Basis seines schriftlichen Arbeitsvertrages vom selben Tag bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Omnibusfahrer in einer 38,5-Stundenwoche gegen ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von ca. EUR 3.000,– beschäftigt.

Beide Parteien sind tarifgebunden; darüber hinaus bestimmt § 2 S. 1 und 2 ihres Arbeitsvertrages, dass sich „das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 (BMT-G II) in ihrer jeweils geltenden Fassung bzw. nach den an deren Stelle tretenden tariflichen Bestimmungen regelt” und „die für den Bereich der Stadtverwaltung M. jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge daneben Anwendung finden”.

Die Omnibusfahrer der Beklagten, wie der Kläger, werden in Schichten tätig. Die Beklagte deckt das tägliche Fahrgastaufkommen infolge unterschiedlicher Nachfrage nach den Transportleistungen in den jeweiligen Tageszeiten nach einem entsprechenden Turnusplan. Darin ist der Kläger in einem Schicht- und Dienstplan in Schichten mit einer Schichtfolge von vier Tagen Arbeit – zwei Tagen dienstfrei – vier Tagen Arbeit – … ohne Rücksicht auf Sonntage eingesetzt. Der Dienstplan basiert darauf, dass jeweils einem Dienst acht Stunden (in der Regel sieben Stunden und 50 Minuten einschließlich der Wendezeiten plus zehn Minuten Vorbereitungs- und Abschlusszeiten) zugrunde gelegt werden. Er unterteilt sich in zwei Teile von jeweils ca. vier Stunden. Der Kläger erbringt seine Arbeit zwar in einem sog. ungeteilten Dienst, jedoch in zwei Teilen einer Schicht, die die unterschiedliche Nachfrage nach den Transportleistungen berücksichtigt. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Beklagten beruht dieser Linienwechsel auch „auf dem erklärten Wunsch des Betriebsrats, der damit der Forderung der Fahrerschaft Rechnung trägt, die die Bedienung einer Linie über die gesamte Schicht hinweg als zu eintönig empfindet”. Der Kläger ist nicht ständig auf derselben Transportlinie eingesetzt. Er befährt zunächst in der ersten Teilschicht eine bestimmte Buslinie und stellt das Fahrzeug nach Ende dieser Teilschicht an einer bestimmten Ablösestelle ab. In der unmittelbaren Nähe dieser Ablösestelle gibt es Pausenräume der Beklagten, die von ihm jedoch nicht benutzt werden müssen. Im zweiten Schichtteil übernimmt dann der Kläger entweder an derselben Ablösestelle oder an einer anderen den Omnibus einer anderen Linie und fährt den zweiten Teil seiner Schicht. In letzterem Falle begibt er sich von der ersten Ablösestelle zur zweiten und genau um diese vergütungsrechtliche und sonstige arbeitsrechtliche Behandlung der dadurch erforderlichen Wegezeit geht es im hier zu entscheidenden Rechtsstreit. Bei der Beklagten gibt es unstreitig das Zeiterfassungs- und -verwaltungssystem „Pro-Fahr”, das im Rahmen einer Dienstschicht Zeiten von Ablösestelle zu Ablösestelle enthält. Diese Zeiten orientieren sich an den Fahrplänen der öffentlichen Verkehrsmittel der Beklagten vom ein...

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