Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspäteter Widerspruch gegen einen Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
(hier fehlende) vollständige und fehlerfreie Unterrichtung der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 5 BGB (Angabe der Adresse des Betriebsübernehmers, „Grund” des Betriebsübergangs – für hier allein unterrichtenden bisherigen Arbeitgeber – u. a.);
Ausschluss des Widerspruchsrechts aufgrund Verwirkung bzw. Verzichts entsprechend § 144 BGB (zwischenzeitliche (Tarif)Vergütungserhöhung durch den Betriebsübernehmer, Aufhebungsvertrag mit diesem);
allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch gegenüber dem abgebenden Arbeitgeber vor Rechtskraft einer Feststellungsklage gegen diesen;
Zulässigkeit einer Berufung bei Unterzeichnung des Berufungseinlegungsschriftsatzes nur durch einen von zwei dort aE angegebenen Rechtsanwälten
Normenkette
BGB §§ 613a, 242
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 05.11.2007; Aktenzeichen 34 Ca 18389/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 5. Oktober 2007 – 34 Ca 18389/06 – werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagte zu 75 % und der Kläger zu 25 % zu tragen.
III. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten aufgrund seines längere Zeit nach einem Betriebsübergang erklärten Widerspruches hiergegen geltend.
Der, ausweislich der vorgelegten Unterlagen, am 00.00.1962 geborene Kläger war auf der Grundlage eines Einstellungsschreibens der Beklagten vom 01.12.2000 (Bl. 13 d. A.) bei dieser ab 15.01.2001 im Geschäftsbereich „I.” in M. bzw. zuletzt im so bezeichneten Bereich „C.” als Konstrukteur mit einer Vergütung von aktuell, nach den Angaben des Klägers, 5.577,91 EUR brutto bzw., nach Behauptung der Beklagten, 5.320,– EUR brutto/Monat (nach einer von der Beklagten mit der Berufungsbegründung vorgelegten Gehaltsmitteilung der Betriebsübernehmerin vom 19.01.2006 – Anl. BK3, Bl. 350 d. A. – betrug das Gehalt des Klägers ab 01.01.2006 nach einer Entgeltanpassung 4.743,39 EUR brutto/Monat) beschäftigt.
Die Beklagte verkaufte ihr im Geschäftsgebiet „C.)” konzentriertes Mobiltelefon-Geschäft auf der Grundlage eines von ihr als „Master Sale und Purchase Agreement” (MSPA) bezeichneten Vertrages mit der B. Corporation mit dem Sitz in T. mit Wirkung vom 30.09./01.10.2005 in der Weise, dass die Vermögensgegenstände dieses Geschäftsbereiches in Deutschland im Wege der Einzelrechtsübertragung „Asset Deal”) auf die zu diesem Zweck von der B. Corporation gegründete Fa. B. GmbH & Co. oHG übertragen wurden. Letzteres Unternehmen wurde nach unwidersprochen gebliebenem Vorbringen des Klägers mit Gesellschaftsvertrag vom 30.08.2005 mit den Gesellschafterinnen Fa. B. M. GmbH sowie Fa. B. W. GmbH neu gegründet und am 16.09.2005 in das Handelsregister beim Amtsgericht M. eingetragen. Beide Gesellschafterinnen verfügten jeweils über ein Stammkapital von 25.000,– EUR. Unstreitig zahlte die Beklagte im Zusammenhang mit diesem Unternehmenskaufvertrag an die B. Corporation einen dreistelligen Millionenbetrag. Über diesen Betriebsübergang informierte die Beklagte die Arbeitnehmer des übergehenden Geschäftsbereiches, darunter den Kläger, mit einem Schreiben vom 29.08.2005 mit folgendem Wortlaut (Anl. K2, Bl. 14/15, u. Anl. BK2, Bl. 342/343 d. A.):
”Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrt ___________
wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes C.) zum 01.10.2005 in die B. GmbH & Co. OHG (im Folgenden: B.) übertragen.
B. ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird B. in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.
In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt B. schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit S. kann B. seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. S. bietet B. eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält B. durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Software-kompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von S.. Daneben bekommt B. einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von S..
Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf B.. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB B. Ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses mit der S. AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs – sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen...