Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderkündigungsschutz
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Arbeitnehmer durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts als Mitglied des Wahlvorstandes für die erstmalige Durchführung einer Betriebsratswahl bestellt und eine Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, beginnt der Sonderkündigungsschutz aus § 15 Abs. 3 KSchG mit Verkündung und nicht erst mit Rechtskraft der Bestellungsentscheidung des Landesarbeitsgerichts.
Normenkette
KSchG § 15 Abs. 3; BetrVG § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Augsburg (Teilurteil vom 09.03.2007; Aktenzeichen 2 Ca 821/06 N) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten vom 26. April 2007 gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Augsburg – Kammer Neu-Ulm – vom 9. März 2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Für den Beklagten wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier ordentlicher Arbeitgeberkündigungen.
Der im Januar 1978 geborene, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war zum 3. April 2000 als Schichtarbeiter mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttolohn von EUR 2.360,– in die Dienste des Beklagten getreten, der einen Betrieb für Werkzeug- und Vorrichtungsbau betreibt.
In diesem Betrieb gibt es keinen Betriebsrat. Auf einer Betriebsversammlung am 9. November 2005, zu welcher die IG Metall Neu-Ulm eingeladen hatte, stellten sich der Kläger und fünf andere Arbeitnehmer als Wahlvorstandsmitglieder zur Verfügung. Da aber keiner dieser Kandidaten von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt worden ist, ließen IG Metall und die sechs kandidierenden Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Augsburg – Kammer Neu-Ulm – Einsetzung eines Wahlvorstands beantragen und sie hatten damit im Wesentlichen auch Erfolg. Unter anderem ist der Kläger als Mitglied des Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl im Betrieb des Beklagten bestellt worden. Auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Mai 2006 – 7 TaBV 9/06 wird Bezug genommen. Die beklagtenseits dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 15. November 2006 – 7 ABN 29/06 zurückgewiesen.
Als der Beklagte dem Kläger nach zwei in ihrer Berechtigung umstrittenen Abmahnungen vom 19. Januar (Blatt 51/52 der Akte) und 21. Februar 2006 (Blatt 55/56 der Akte) mit Schreiben vom 28. Juli 2006 eine ordentliche Kündigung zum 31. August 2006, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin, aussprach, ließ der Kläger dagegen mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 1. August 2006 Kündigungsschutzklage erheben mit dem Feststellungsantrag, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28. Juli 2006 nicht aufgelöst wird.
Mit Schreiben vom 21. August 2006 hat der Beklagte dieses Arbeitsverhältnis noch einmal kündigen lassen, nunmehr zum 30. September 2006. Diese Kündigung ist dem Kläger durch Einwurf in seinen Hausbriefkasten am 21. August 2006 um 18:31 Uhr zugegangen (vgl. dazu den Vermerk der Zustellung auf der Kopie des Kündigungsschreibens, Blatt 18 der Akte). Die Erweiterung der Kündigungsschutzklage vom 1. August 2006 auf diese Kündigung vom 21. August 2006 verbunden mit dem Antrag, die Klage nachträglich zuzulassen, datiert vom 26. Oktober 2006.
Das Erstgericht hat zunächst einmal nur über die Kündigung vom 28. Juli 2006 entschieden und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe seines Teilurteils vom 9. März 2007 wird Bezug genommen.
Mit der am 26. April 2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 29. März 2007 zugestellte Entscheidung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist am 16. Mai 2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, zu Unrecht auf den Kläger den Sonderkündigungsschutz von § 15 KSchG zur Anwendung gebracht zu haben. Der Einsetzungsbeschluss des Landesarbeitsgerichts München sei zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 28. Juli 2006 noch nicht rechtskräftig und der Kläger damit zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht zum Wahlvorstand bestellt gewesen. Das Bundesarbeitsgericht habe schon in der vom Erstgericht zitierten Entscheidung vom 29. September 1983 – 2 AZR 121/82 (AP Nr. 15 (3) zu § 15 KSchG) ausdrücklich klargestellt, dass einem Beschluss des Arbeitsgerichts vor Rechtskraft keine materiellrechtliche Wirkung zugebilligt werden könne. Aus diesem Grunde finde auch aus noch nicht rechtskräftigen Beschlüssen in Beschlussverfahren keine Zwangsvollstreckung statt. Dies rechtfertige sich damit, dass die vorläufige Vollstreckung von Entscheidungen in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten meist nicht mehr vollständig beseitigt werden könne. Das gelte umso mehr für Gestaltungsentscheidungen.
Rechtsmittel und damit auch die Nichtzulassungsbeschwerde hätten schl...