Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheitsbedingte Kündigung. Sonderkündigungschutz. Wahlbewerber. Wahlvorstand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur krankheitsbedingten Kündigung Einzelfallentscheidung

2. Hat das Landesarbeitsgericht einen Wahlvorstand bestellt, ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen, beginnt mit Entscheidungsverkündung der Sonderkündigungsschutz aus § 15 Abs. 3 KSchG.

 

Normenkette

KSchG §§ 1, 15 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Urteil vom 21.11.2006; Aktenzeichen 2 Ca 820/06 N)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten vom 19. Januar 2007 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg – Kammer Neu-Ulm – vom 21. November 2006 wird zurückgewiesen.

2. Der Auflösungsantrag wird abgewiesen.

3. Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung in Verbindung mit einem vom Beklagten im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Auflösungsantrag.

Der im Oktober 1964 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war zum 1. Oktober 2001 als Hilfsarbeiter in die Dienste des Beklagten getreten. Dabei hatte er vor allem, je nachdem, an welcher Maschine er eingesetzt war, unterschiedlich schwere Metallstücke mit einem Gewicht zwischen 1 kg und 5 kg in die Maschine einzulegen und nach deren vollautomatischer Bearbeitung die Stücke wieder herauszunehmen, zu vermessen und zu entgraten.

In der Zeit vom 5. bis 7. Juli 2006 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Am 6. Juli 2006 hatte der ihn behandelnde Arzt ein Attest (Blatt 34 der Akte) erstellt dahin, dass der Kläger an einer Epicondylitis lumeri re. leide, die bei Belastung durch körperlich schwere Arbeit erhebliche Schmerzen verursache. Dadurch sei der Kläger nicht in der Lage, Arbeiten durchzuführen, die den rechten Arm stark belasten. Tätigkeiten, die er überwiegend mit links ausführen könne, seien ohne Probleme möglich. Die Erkrankung sei erstmals Ende letzten Jahres aufgetreten, zwischenzeitlich besser gewesen, jetzt aber wieder akut verschlechtert durch die Belastung.

Als die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 28. Juli 2006 dem Kläger eine ordentliche Kündigung zum 31. August 2006, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin aussprach, ließ der Kläger dagegen mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 1. August 2006 Kündigungsschutzklage erheben, die vor dem angerufenen Arbeitsgericht Augsburg – Kammer Neu-Ulm auch Erfolg hatte. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 21. November 2006 wird Bezug genommen.

Mit der am 19. Januar 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 22. Dezember 2006 zugestellte Entscheidung verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist am 30. Januar 2007 eingegangen. Darin wird zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger am 5. Juli 2006 an einer Maschine zur Produktion von Synchronringen 3023 gearbeitet habe. Aufgrund des Ausfalls eines Kollegen sei er von seinem Vorgesetzten dann zur Produktion von Gleichlaufkegeln 33 05 abgestellt worden. Die Teile zur Fertigung von Synchronringen wiegen nach Angabe des Beklagten etwa 1 kg, die zur Fertigung von Gleichlaufkegeln etwa 3 bis 5 kg.

Nach etwa 10 Minuten habe sich der Kläger eine mitgebrachte Manschette um den Arm gewickelt, bei seinem Vorgesetzten gemeldet und mitgeteilt, er könne nicht mehr arbeiten, sein Arm schmerze sehr.

Dies erscheint dem Beklagten seltsam. Er lässt das Bemühen einiger Arbeitnehmer, darunter der Kläger, um Errichtung eines Betriebsrats und die Einsetzung eines Wahlvorstands schildern und äußert die ursprüngliche Vermutung, der Kläger täusche die Krankheit nur vor, um etwa aus Protest o.ä. nicht an der neuen Maschine arbeiten zu müssen. Der Kläger sei dazu auch angehört worden und habe dazu von seinem anwaltschaftlichen Vertreter antworten und das Attest von Herrn R. vom 6. Juli 2006 vorlegen lassen. Die darin angesprochenen gesundheitlichen Beschwerden des Klägers seien dem Beklagten bis dahin nicht bekannt gewesen. Der Beklagte leitet daraus ab, dass Teile zwischen 3 kg und 5 kg für den Kläger bereits zu schwer seien. Das bedeute dann aber, dass er nicht mehr in der Lage sei, die ihm obliegenden Tätigkeiten als Hilfsarbeiter im Betrieb des Beklagten weiter auszuüben. Die leichteren Synchronringe würden nur noch unregelmäßig produziert, aktuell sogar nur mehr selten. Die leichtesten der verarbeiteten Teile wiegen nach Angabe des Beklagten derzeit 3 kg. Absehbar sei, dass künftig die Werkteile vorwiegend aus 8 kg schweren Rohlingen hergestellt werden müssten.

Die Erkrankung des Klägers sei chronischer Natur und werde stets wieder aufbrechen. Er habe nach eigenen Angaben daran bereits seit Ende vorletzten Jahres gelitten, eine Ausheilung sei selbst in diesem langen Zeitraum nicht erfolgt. Damit werden die Voraussetzungen einer Kündigung aufgrund dauernder Leistungsunfähigkeit bzw. erheblicher krankheitsbedingter dauerhafter Leistungsminderung als gegeben ang...

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