Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung einer bei einem Goethe-Institut im Ausland mit dem Status einer sog. Ortskraft beschäftigten Sprachlehrerin wegen Institutsschließung. außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist, Sonderkündigungsschutz für Mitglieder einer nach innerstaatlichem (griechischem) Recht anerkannten gewerkschaftlichen Vereinigung
Leitsatz (amtlich)
§ 11 Abs. 1 TV Ang Ausland (ebenso: § 3 Zf. 1 lit. b des Tarifvertrages zwischen dem Goethe-Institut und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) regelt einen Fall der außerordentlichen Kündigung gemäß § 626 BGB, nicht einen Tatbestand einer entfristeten ordentlichen Kündigung iSd § 622 Abs. 4 BGB (ebenso: LAG Köln, Ue. V. 31.01.2001, Az. 8 Sa 1059/00 und Az. 8(11) Sa 1060/00, letzteres in NZA-RR 2002, S. 146 f).
Eine solche außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen (Schließung der Dienststelle/Auslandsinstitut) setzt die Einhaltung einer sozialen Auslauffrist entsprechend der sonst geltenden Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung (nach dem im TV Ang Ausland zulässig in Bezug genommenen BAT) voraus.
Normenkette
BGB § 626; TV Ang Ausland § 11
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 18.07.2001; Aktenzeichen 22 Ca 8444/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird dasEndurteil des Arbeitsgerichtes München vom 18.7.2001 – Az.: 22 Ca 8444/00 – abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten vom 6.6.2000 das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2000 aufgelöst hat.
2. Im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Arbeitgeberkündigung mit sozialer Auslauffrist und einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend.
Die Klägerin war seit 1985 im … in Griechenland, dessen Träger der Beklagte ist, als Sprachlehrerin mit dem Status einer sog. Ortkraft mit einem Deputat von 75 % der Arbeitszeit tätig. Die Klägerin ist deutsche Staatsbürgerin und Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
Nach dem Arbeitsvertrag fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der jeweils gültige Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei den Kulturinstituten beschäftigten deutschen nichtentsandten Angestellten vom 19.11.1973, abgeschlossen zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Fassung vom 1.12.1982: Bl. 28 bis 32 d. Erstinstanzakten), Anwendung (der auf einem Rahmenvertrag vom 30.6.1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Beklagten (Bl. 20 bis 27 d. Erstinstanzakten) – dort § 8 Abs. 1 – beruht), welcher nach der Regelung zu seinem Geltungsbereich (§ 1) für Deutsche im Sinne des Art. 116 GG, die bei den im Ausland gelegenen Zweigstellen des … an Ort und Stelle als Angestellte eingestellt und beschäftigt und aus Mitteln des Bundes vergütet werden, gilt und der im wesentlichen – mit Modifikationen – auf die Geltung der Tarifvorschriften des Tarifvertrages zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten nicht entsandten Angestellten vom 28.9.1973 (TV Ang Ausland, Fassung gem. Änderungstarifvertrag vom 15.12.1995: Bl. 33 bis 36 d. Erstinstanzakten) verweist, wobei letzterer Tarifvertrag seinerseits weitgehend auf die Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) Bezug nimmt.
§ 11 Abs. 1 TV Ang Ausland bestimmt, dass „der Arbeitgeber … berechtigt (ist), das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, wenn eine in § 1 genannte Dienststelle (diplomatische und berufskonsularische Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland) aufgelöst oder ihr Dienstbetrieb wesentlich eingeschränkt wird”. Nach § 3 Zf. 1 lit. b des Tarifvertrages zwischen dem … und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gilt § 11 TV Ang Ausland in der folgenden Fassung:
„Das … ist berechtigt, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, wenn die Zweigstelle des Angestellten aufgelöst oder ihr Dienstbetrieb wesentlich eingeschränkt wird.
Die Klägerin ist seit 28.5.1999 Mitglied des Vorstandes der Vereinigung „Verein der Lehrer und Angestellten des … in Griechenland”, zu dessen Generalsekretärin sie am 11.6.1999 gewählt wurde. Diese Vereinigung ist nach griechischem Recht als Gewerkschaft anerkannt und in das Register der anerkannten Gewerkschaften beim Amtsgericht A … eingetragen.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6.6.2000 (Bl. 5 d. Erstinstanzakten) unter Bezugnahme auf die vorstehenden tarifvertraglichen Bestimmungen außerordentlich zum 30.6.2000 wegen Schließung des … in P. zum 30.6.2000.
Wegen des streitigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Arbeitsgerichtes München vom 18.7.2001 Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO in der bis 31.12.2001 geltenden F...