Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplananspruch. Eigenkündigung. Verfallfristen. Tarifvertragsauslegung
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche aus einem Sozialplan sind „vertragliche Ansprüche” im Sinne von § 24 MTV
Normenkette
MTV Privates Versicherungsgewerbe § 24
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 19.01.2005; Aktenzeichen 7 Ca 6572/04) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 19.01.2005 – 7 Ca 6572/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers.
Der Kläger war vom 01.04.1993 bis 31.03.2000 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zuletzt im Servicezentrum München zu einem monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von EUR 2.808,02 (DM 5.492,–) beschäftigt.
Am 17.05.1999 vereinbarte der bei der Beklagten gebildete Gesamtbetriebsrat mit dieser einen Rahmeninteressenausgleich im Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung der Beklagten. Dieser enthält u. a. folgende Regelungen:
”Geltungsbereich
Dieser Rahmeninteressenausgleich gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter … wegen der strategischen Neuausrichtung der Unternehmen. …
Ziele und Strukturen
Kern der strategischen Neuausrichtung sind die weitere Umsetzung der Bildung von Geschäftsfeldern (Zielgruppen) … sowie die Nutzung von Synergien …. Der Gesamtbetriebsrat nimmt dabei zu Kenntnis, dass damit eine Reduzierung von Arbeitsplätzen verbunden ist. …
Personelle Maßnahmen
Für die Jahre 1999 bis 2005 ergibt sich der pro Jahr ins Auge gefasste Personalabbau aus dem Ergebnis des Beratungsverfahrens gemäß Ziffer 4. Die Unternehmen verpflichten sich, in einzelnen Teilinteressenausgleichen über eine Überdeckung gegenüber den jeweiligen Jahressollzahlen und über einen Verzicht auf betriebsbedingte Entlassungen … zu verhandeln. …
… Beteiligungsverfahren zwischen Unternehmen und Gesamtbetriebsrat
a) Es besteht Einvernehmen darüber, dass die einzelnen Teilmaßnahmen der strategischen Neuausrichtung erst umgesetzt werden dürfen, wenn Teilinteressenausgleiche i. S. von § 112 BetrVG über die jeweils beschriebenen Teilmaßnahmen zustande gekommen sind, …”
Nach Nr. 7 des Rahmeninteressenausgleichs galt zur Vermeidung oder Milderung möglicher wirtschaftlicher Nachteile der „mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene … Sozialplan vom heutigen Tage”. Dieser Sozialplan vom 17.05.1999 enthält u. a. folgende Regelungen:
„§ 2 Geltungsbereich
Dieser Sozialplan findet Anwendung auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, soweit diese ab 1. Januar 1999 in einem ungekündigten und unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben ….
§ 3 Nachteilsausgleich
1. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis infolge der im Rahmeninteressenausgleich vom heutigen Tage genannten unternehmerischen Maßnahmen endet, sei es durch arbeitgeberseitige (Änderungs-)Kündigung, einen arbeitgeberseitig veranlassten Aufhebungsvertrag oder durch Eigenkündigung nach Erhalt eines Angebots eines unzumutbaren Arbeitsplatzes, erhalten Leistungen, deren Höhe sich entsprechend nachfolgenden Regelungen ermittelt. …
2. Abfindung
…
h) Höchstgrenze
Die Höchstgrenze der Abfindung nach Buchstaben a) bis g) beträgt 280.000 DM.
…
4. Fälligkeit
Der Anspruch auf die Abfindung entsteht frühestens mit der rechtskräftigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Zahlung wird mit dem nächsten Gehaltslauf fällig. …
§ 4 Entfallen der Abfindung bei zumutbarem Arbeitsplatzangebot
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Angebot eines zumutbaren neuen Arbeitsplatzes nicht annehmen und deren Arbeitsverhältnis deshalb endet, haben keinen Anspruch auf Leistungen gemäß § 3.
Ein neuer Arbeitsplatz ist zumutbar, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
…
3. Regionale Zumutbarkeit
Die Entfernung zwischen bisherigem und neuem Arbeitsort darf höchstens 50 km betragen ….
§ 11 In-Kraft-Treten und Dauer
Dieser Sozialplan tritt mit seiner Unterzeichnung in Kraft. Er ist erstmals zum 31.12.2005 kündbar.”
Auf einer Informationsveranstaltung am 26./27.10.1999 teilte die Beklagte den Arbeitnehmern des Servicezentrums München mit, dieses werde zum 31.12.2001 geschlossen; seine Aufgaben würden auf die Zentren Hamburg, Köln und Wiesbaden verlagert. Die Beklagte sagte jedem Mitarbeiter die Weiterbeschäftigung in einem dieser Zentren zu. In einem an alle Mitarbeiter des Servicezentrums gerichteten Schreiben vom 03.12.1999 erläuterte die Beklagte die personellen Auswirkungen der geplanten Maßnahmen. In dem Schreiben heißt es:
„Welche Mitarbeiter von welchen personellen Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt persönlich betroffen sein werden, hängt auch vom Ergebnis unserer noch bevorstehenden Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat … ab. … Nach unseren Planungen sollen zum 31.12.2001 sämtliche Arbeiten des Servicezentrums auf die anderen Standorte ...