Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwangerschaftskündigung. Information des Arbeitgebes. Versäumung der Zwei-Wochenfrist
Leitsatz (amtlich)
Kenntniserlangung von Schwangerschaft durch die Schwangere noch innerhalb der Zwei-Wochenfrist des § 9 Abs. 1 MuSchG und Information des Arbeitgebers nach Ablauf dieser Frist – Verschulden der schwangeren Arbeitnehmerin –
- Ende der Zwei-Wochenfrist: Montag, 6.12.1999
- Kenntniserlangung der schwangeren Arbeitnehmerin: Freitag. 3.12.1999
Normenkette
MuSchG § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Urteil vom 27.07.2000; Aktenzeichen 3 Ca 3749/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 27.07.2000 – Gz.: 3 Ca 3749/99 – wie folgt geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob eine seitens des Beklagten der Klägerin ausgesprochene ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat; dabei geht es im Kern darum, dass der Beklagte bei Ausspruch der Kündigung die bereits vorliegende Schwangerschaft der Klägerin nicht kannte, diese selbst erst innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG davon erfuhr, ihn aber erst nach Ablauf dieser Frist entsprechend informierte. Darüber hinaus macht die Klägerin Ansprüche aus Annahmeverzug infolge der von ihr geltend gemachten Unwirksamkeit der vorgenannten Kündigung geltend.
Sie ist am 21. November 1979 geboren, ledig und seit 25. Oktober 1999 als Zahnarzthelferin gegen eine monatliche Vergütung von DM 2.368,– brutto beim Beklagten beschäftigt; es war eine Probezeit bis 4. Dezember 1999 vereinbart.
Mit Schreiben vom 19. November 1999, das der Klägerin am Samstag, den 20. November 1999, zugegangen ist, hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 4. Dezember 1999 gekündigt.
Die Klägerin hat am Freitag, den 3. Dezember 1999, von ihrer Frauenärztin erfahren, dass sie schwanger sei. Sie hat dies weder an diesem Tag, noch am Samstag, den 4. Dezember 1999, ihren Eltern und ihrem Freund mitgeteilt. Sie ging an diesem Samstag mit ihrem „Freund … aus. Als sie am Sonntag gegen 2.00 Uhr nach Hause kamen, hatte (sie) sich endlich durchgerungen, ihrem Freund … mitzuteilen, dass sie schwanger sei.”
Am Montag, den 6. Dezember 1999, hat sie dann ihre Mutter darüber informiert.
Die Klägerin kannte die privaten Telefonnummern des Beklagten; sie hatte ihn darunter früher schon wiederholt angerufen.
Am Mittwoch, den 8. Dezember 1999, hat sie eine Auszubildende des Beklagten, die Zeugin … in dessen Praxis angerufen und mitgeteilt, dass sie schwanger sei.
Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht vorgetragen, das Überschreiten der Zwei-Wochen-Frist des § 9 Abs. 1 S. 1, 1. HS. MuSchG sei ihr nicht anzulasten, denn es beruhe auf einem von ihr nicht zu vertretenden Grund, und sie habe die Mitteilung über ihre Schwangerschaft zum Zeitpunkt der ihr ausgesprochenen Kündigung ihrem Arbeitgeber, dem Beklagten, gegenüber unverzüglich nachgeholt. Sie sei nämlich am Freitag, den 3. Dezember 1999, völlig überrascht gewesen, als sie von ihrer Frauenärztin von ihrer Schwangerschaft erfahren habe. Sie habe gar nicht gewusst, wie sie das ihrem Freund und ihren Eltern mitteilen solle. Deshalb habe sie am Samstag, den 4. Dezember 1999, noch niemand entsprechend informiert. Sie habe erst am Sonntag gegen 2.00 Uhr nachts ihren Freund entsprechend unterrichtet. Auch er sei davon völlig überrascht gewesen. Am Montag, den 6. Dezember 1999, hätten sie und ihr Freund „sodann versucht, die Mutter (der Klägerin) langsam darauf vorzubereiten, dass ihre Tochter schwanger” sei. Auch diese sei völlig überrascht gewesen; sie sei „außer sich (gewesen) und (habe ge)droht, zunächst die Klägerin aus dem Hause zu werfen.” Sie habe ihr und ihrem Freund „die schwersten Vorwürfe” gemacht. Die Diskussion habe sich über den ganzen Montag hingezogen, wobei die Mutter, wenn „(sie) sich … in ihr Zimmer zurückzog, immer wieder (zu ihr) kam und ihr und ihrem Freund erneut Vorwürfe machte, nachdem sie einfach nicht verstehen konnte, dass ihre Tochter in den jungen Jahren schwanger werden konnte und somit, nach ihrer damaligen Auffassung, das Leben „verbaut” hätte.”
Am darauffolgenden Dienstag, den 7. Dezember 1999, seien sie und ihr Freund ihrer Mutter, die damals alleine zu Hause geweilt habe – der Vater habe sich „auswärts” befunden – nach Möglichkeit aus dem Wege gegangen, um erneute Auseinandersetzungen zu vermeiden. Sie und ihr Freund hätten versucht, eine Lösung des für sie völlig überraschend eingetretenen Ereignisses zu finden. Gegen Abend sei es dann zu einem erneuten Gespräch mit ihrer Mutter gekommen, wobei diese sie gefragt habe, ob sie denn ihren Arbeitgeber bereits von der Schwangerschaft unterrichtet habe. Sie habe dann erklärt, dass dies nicht der Fall sei, dass sie völlig durcheinander sei, insbesondere auch im Hinblick auf den ...