Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung von Ausbildungskosten. Angemessenheit der Bindungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine „Fortbildungs- und Rückzahlungsvereinbarung” auf Grund derer der Arbeitnehmer zur Erstattung der Fortbildungskosten in voller Höhe verpflichtet sein soll, wenn er innerhalb eines Jahres nach dem Ende der Ausbildung ausscheidet und bei Ausscheiden innerhalb des zweiten Jahres nach der Ausbildung die Kosten für jeden Monat, den er über ein Jahr hinaus im Betrieb des Arbeitgebers verbeibt, um 1/12 gemindert werden, kann wegen der gewählten Bindungsfrist in Ansehung der finanziellen Aufwendungen des Arbeitgebers und der Vorteile des Arbeitnehmers aus der Fortbildung unangemessen lang sein.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 4, § 310 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Urteil vom 18.09.2006; Aktenzeichen 8 Ca 1343/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.09.2009; Aktenzeichen 3 AZR 173/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 18. Sept. 2006 – 8 Ca 1343/06 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

II. Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Lohn für Januar 2006 und um Schadenersatz.

Die Klägerin war vom 1. März 2004 bis 31. Jan. 2006 beim Beklagten in dessen Apotheke in den A. in R. als PTA bei einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 1.700.– EUR beschäftigt. Im Nachtrag zum Arbeitsvertrag (Bl. 165 d. A.) war eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende vereinbart.

Die Klägerin nahm in der Zeit von 6. bis 8. Okt. 2004, vom 10. bis 12. Nov. 2004 und vom 19. bis 20. Jan. 2005, jeweils an Wochenenden, an einer Ausbildung zur „Fachberaterin Dermokosmetik” teil. Die dafür angefallenen Kosten, einschließlich der Reisekosten, trug der Beklagte. Er zahlte ihr auch die Vergütung an den Tagen der Fortbildung.

Unter dem Datum 4. Apr. 2005 schlossen die Parteien eine „Fortbildungs- und Rückzahlungsvereinbarung”, auf Grund derer die Klägerin zur Erstattung der Fortbildungskosten in voller Höhe verpflichtet sein sollte, wenn sie innerhalb eines Jahres nach dem Ende der Ausbildung ausschied; schied sie innerhalb des zweiten Jahres nach der Ausbildung aus, sollte sie die Kosten anteilig, gemindert um 1/12 für jeden Monat, den sie über ein Jahr hinaus im Betrieb des Beklagten verblieben war, zurückzahlen. Auf den Vertragstext (Bl. 7 f. d. A.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis im Dezember 2005 zum 31. Jan. 2006. Mit Schreiben vom 22. Dez. 2005 bestätigte der Beklagte das Ende des Arbeitsverhältnisses zum vorgenannten Zeitpunkt.

Von der Januarvergütung der Klägerin zog der Beklagte einen Betrag von 1.128,70 EUR als „Vorschuss” ab.

Mit ihrer am 30. März 2006 beim Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen und dem Beklagten am 5. Apr. 2006 zugestellten Klage vom 28. März 2006 begehrt die Klägerin die Auszahlung des einbehaltenen Lohnes für Januar 2006.

Sie hält die erst nach dem Ende der Ausbildung abgeschlossene Rückzahlungsverpflichtung bereits deswegen für unwirksam. Darüber hinaus sei die Bindungsdauer, wie sie meint, zu lang.

Sie hat b e a n t r a g t:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin netto EUR 1.128,70 zu zahlen.

Der Beklagte hat b e a n t r a g t,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Bindungsfrist angesichts des viermonatigen Lehrganges für angemessen. Die Klägerin habe durch den Fortbildungskurs auch einen geldwerten Vorteil erlangt. Da sie nach dem Ende der Ausbildung mit dem Arbeitszeitkonto im Minus gelegen sei, habe sie den Wunsch geäußert, die Fortbildungszeit als Arbeitszeit vergütet zu erhalten. Daraufhin sei die Rückzahlungsvereinbarung geschlossen worden. Dabei sei den Parteien klar gewesen, eine Umsatzsteigerung könne man erst in ca. 2 Jahren erwarten.

Insgesamt habe er, worauf der Beklagte verweist, 3.122,50 EUR aufgewandt.

Weiter behauptet der Beklagte, ihm sei aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung der Klägerin ein erheblicher Schaden entstanden. An ihrer Stelle habe er zwei Mitarbeiterinnen fortbilden lassen müssen.

Mit Schriftsatz vom 26. Juni 2006, beim Arbeitsgericht am 30. Juni 2006 eingegangen und der Klägerin am 4. Juli 2006 zugestellt, hat der Beklagte Widerklage erhoben.

Er hat b e a n t r a g t

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten EUR 3.122,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin hat b e a n t r a g t,

die Widerklage abzuweisen.

Sie verweist auf das Einverständnis des Beklagten mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Jan. 2006.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 18. Sept. 2006 wie folgt entschieden:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.128,70 netto zu zahlen.
  2. Die Widerklage wird abgewiesen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 4.251,20 festgesetzt.
  4. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Hinsichtlich der rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils (Bl. 118 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 10. Ok...

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