Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbildungskosten. Rückzahlung. zulässige Bindungsdauer. Transparenzgebot. Rückzahlung von Fortbildungskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist grundsätzlich zulässig, den Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung zu beteiligen, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
2. Eine vereinbarte Bindungsdauer von drei Jahren bei einer knapp zweimonatigen Fortbildung eines Schweißers zum Auftragsschweißer benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
3. Eine Klausel über die Rückerstattung von Fortbildungskosten muss für den Arbeitnehmer klar und verständlich sein. Eine Rückzahlungsklausel, die den Arbeitnehmer im Unklaren über die tatsächlichen Ausbildungskosten lässt, auf die sich die Rückzahlungspflicht allenfalls beziehen kann, entspricht nicht dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber die Ausbildungskosten ohne Einschränkung mit EUR 15.000,00 beziffert, obgleich diese nur EUR 6.540,30 betrugen.
Normenkette
BGB § 305 Abs. 1 S. 1, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 24.04.2008; Aktenzeichen 2 Ca 94/08) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.04.2008, Az.: 2 Ca 94/08, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger und Widerbeklagte verpflichtet ist, von der Beklagten und Widerklägerin übernommene Fortbildungskosten zurückzuzahlen. Der 26-jährige Kläger, der zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet ist, war bei der Beklagten vom 18.08.2006 bis 30.11.2007 als Schweißer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Eigenkündigung des Klägers vom 21.11.2007 zum 30.11.2007. Am 21.12.2006 schlossen die Parteien folgende Fortbildungsvereinbarung (Bl. 21 d. A.):
„Der Arbeitgeber finanziert die Ausbildung des Arbeitnehmers zum
Auftragsschweißer
Im Gegenzuge verpflichtet sich der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mindestens 3 Jahre nach Ausbildungsschluss aufrecht zu erhalten.
Die Ausbildungskosten werden mit 15.000,00 Euro festgelegt.
Sollte das Arbeitsverhältnis schuldhaft vom Arbeitnehmer vorzeitig gelöst werden, so sind dem Arbeitgeber anteilig für jeden Monat, den das Arbeitsverhältnis vorzeitig gelöst wurde, die Ausbildungskosten mit 1/36 = 416,00 Euro zu erstatten.
Beim Ausscheiden vor Ausbildungsende sind die vollen 15.000,00 Euro zu erstatten.”
Der Lehrgang zum Auftragsschweißer fand in der Zeit vom 03.01.2007 – 23.02.2007 statt. Die tatsächlichen Fortbildungskosten beliefen sich auf EUR 6.540,30 (Bl. 22 d. A.). Beim Auftragsschweißen wird mittels Schweißtechnik eine Beschichtung auf ein Werkstück gebracht, um dieses besonders widerstandsfähig zu machen.
Für November 2007 stand dem Kläger ein abgerechneter Gehaltsanspruch von EUR 1.445,17 netto zu. Die Beklagte zahlte das Nettogehalt nicht aus.
Mit der am 10.01.2008 erhobenen Klage hat der Kläger das Nettogehalt für November 2007 geltend gemacht. Die Beklagte hat im Wege der Widerklage entsprechend der Vereinbarung vom 21.12.2006 die Rückzahlung von Fortbildungskosten über EUR 3.742,60 (EUR 6.540,30: 36 × 20,6 Monate) beansprucht.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Lohnklage sei begründet, die Beklagte habe den darauf gerichteten Anspruch weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten. Der mit der Widerklage beanspruchte Rückzahlungsanspruch bestehe nicht. Die Rückzahlungsvereinbarung sei unwirksam, da sie den Kläger unangemessen benachteiligt habe, § 307 BGB. Gemessen an Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG und unter Berücksichtigung der Dauer der Bindung, des Umfangs der Fortbildungsmaßnahme und der Höhe des Rückzahlungsbetrages und dessen Abwicklung sei vorliegend eine dreijährige Bindungsdauer unangemessen. Die Fortbildungs- und Bindungsdauer stünden in keinem angemessenen Verhältnis zueinander. Die Ausbildung habe dem Kläger auch keine besonderen Vorteile gebracht. Die Ausbildung zum Auftragsschweißer habe es der Beklagten ermöglicht, den Kläger bei der D. B… für Ausbesserungsarbeiten im Schienenverkehr einzusetzen. Die Rückzahlungsklausel sei auch nicht mit einer kürzeren Bindungsdauer aufrechtzuerhalten.
Gegen dieses ihr am 16.05.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.06.2008 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese am 16.07.2008 begründet.
Die Beklagte trägt vor,
das Arbeitsgericht habe der Lohnklage zu Unrecht stattgegeben. Sie, die Beklagte, habe den ...