Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung aus einem Sozialplan. Geltungsbereich bei Einkündigung eines Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Sozialplan geregelt, dass dieser bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers nicht gilt, wenn dieser von der Betriebsänderung nicht betroffen ist und dies der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Kündigung mitteilt und ihm gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbietet, so ist bei fehlender Mitteilung des Arbeitgebers davon auszugehen, dass die ausgesprochene Eigenkündigung des Arbeitnehmers unter den Geltungsbereich des Sozialplanes fällt.
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 08.08.2000; Aktenzeichen 8 Ca 1458/00) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes München vom 8.8.2000 – 8 Ca 1458/00 – abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 102.038,05 (in Worten: einhundertzweitausendachtunddreißig 5/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen hieraus seit 11.2.2000 als Abfindung zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 1.994,39 (in Worten: eintausendneunhundertvierundneunzig 39/100 Deutsche Mark) brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit 9.3.2000 zu zahlen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Bezahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan sowie um eine Vergütungsnachzahlung auf Grund einer Tarifvereinbarung.
Die Klägerin war seit 1.4.1992 bei der … tätig, zuletzt seit Januar 1998 als kommissarische Leiterin der Einlagenabteilung mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt DM 5.894,–. Die Klägerin war Mitglied des Betriebsrates.
Die Firma … hat am 19.5.1999 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan abgeschlossen.
Unter Ziff. 1 des Sozialplanes befindet sich folgende Regelung:
1. Geltungsbereich
1.1. Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer der
mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne von § 5 III BetrVG, die am 31.3.99 in einem ungekündigten, Arbeitsverhältnis standen, keinen Aufhebungsvertrag zu diesem Zeitpunkt geschlossen hatten, und die durch die im Interessenausgleich vom 19.5.1999 beschriebenen Maßnahmen betroffen sind, und die
- • betriebsbedingt gekündigt werden
- • einen Aufhebungsvertrag schließen
- • selbst kündigen, vorbehaltlich Ziff. 1.2
- • von Versetzungsmaßnahmen betroffen sind.
1.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für Mitarbeiter
- • deren Arbeitsverhältnis nach den am Standort geltenden bzw. angewandten Regelungen über das vorzeitige Ausscheiden älterer Mitarbeiter beendet wird
- • deren Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt wird
- • deren Arbeitsverhältnis aus Gründen in der Person oder im Verhalten gekündigt wird
- • bei Eigenkündigung des Mitarbeiters, wenn dieser von der Betriebsänderung nicht betroffen ist und die oder der Rechtsnachfolger dem Mitarbeiter dies innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Kündigung schriftlich mitteilt und zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbietet
- • deren Arbeitsverhältnis nicht länger als 6 Monate besteht
- • deren Arbeitsverhältnis befristet ist.
1.3 Der Sozialplan ist zeitlich begrenzt auf die Durchführung der im Interessenausgleich beschriebenen Betriebsänderung.
Ziff. 8.1 des Sozialplanes hat folgenden Wortlaut:
8. Abfindungen
8.1 Berechnung der Abfindung
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis wegen der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen beendet wird, erhalten eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Die Abfindung besteht aus einem Grundbetrag und bei Vorliegen der Voraussetzungen aus Zusatzbeträgen. Die Berechnung der Abfindungshöhe erfolgt unter Zugrundelegung der Daten, die der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des rechtlichen Endes des Arbeitsverhältnisses aufweist.
Bezüglich des Inhaltes von Interessenausgleich und Sozialplan wird auf Bl. 4 bis 8 d. A. verwiesen.
Im September 1999 kam es zu einem Verschmelzungsvertrag zwischen der Firma … und der Beklagten. Die … wurde rückwirkend zum 30.9.1998 von der Beklagten übernommen und fortan als Niederlassung mit Sitz in … geführt. Die Beklagte hat am 2.9.1999 die tatsächliche und rechtliche Leitungsmacht über diese Filiale in …, in welcher die Klägerin tätig war, übernommen.
Mit Schreiben vom 24.9.1999 hat die Klägerin „auf Grund der Betriebsänderung/Fusion der … mit dem …” das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.12.1999 gekündigt. Der Niederlassungsleiter hat den Erhalt der Kündigung schriftlich bestätigt, die Personalabteilung der Beklagten hat den Eingang des Kündigungsschreibens mit Schreiben vom 1.10.1999 (Bl. 10 d. A.) bestätigt.
Durch Gehaltstarifvertrag vom 25.1.2000 für das private Bankgewerbe wurden rückwirkend ab 1.4.1999 die Gehälter um 3,1 % angehoben sowie eine Einmalzahlung von DM 350,– für die Monate Januar bis März 1999 vereinbart. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält in §§ 4 und 15 die Inbezugnahme der Bestimmungen des Tarifvertrages für das private Bankgewerbe. Die Klägerin hat dennoch die...