Entscheidungsstichwort (Thema)

Unklarheitenregelung. Nachträglicher. umfassender. schriftlicher. Arbeitsvertrag nach mündlicher Vereinbarung über wesentliche Fragen des Arbeitsverhältnisses und eine Befristung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach behaupteter mündlicher Vereinbarung über wesentliche Fragen des Arbeitsverhältnisses und eine Befristung schließen die Parteien einen umfassenden schriftlichen Arbeitsvertrag, ebenfalls mit einer Befristungsabrede. Es besteht Streit darüber, ob die Befristungsabrede nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam ist (§§ 14 Abs. 4, 16 S. 2 TzBfG) oder deshalb, weil vor der schriftlichen Vereinbarung der Befristung wegen des Formmangels schon ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand (§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG).

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 4, § 16 S. 2; BGB § 305c

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 14.02.2006; Aktenzeichen 30 Ca 12353/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom14.2.2006 – 30 Ca 12353/05 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 8.8.2005, zugegangen am 10.8.2005, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

2. Die Revision für die Beklagte wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung, die während eines befristeten Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wurde.

Die Klägerin war seit dem 11.4.2005 bei der Beklagten beschäftigt. Der Formulararbeitsvertrag vom 13.4.2005 enthält in § 1 folgende Regelung, wobei es sich bei den gesperrt geschriebenen Passagen um handschriftliche Ergänzungen handelt:

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(1) Der Arbeitnehmer wird ab dem 11.04.05 für eine Tätigkeit als Reinigungskraft eingestellt.

(2) Das Arbeitsverhältnis wird zunächst zur Probe für die Dauer von drei Monaten abgeschlossen. Auch während der Probezeit ist beiderseits die Kündigung zulässig.

(3) Für die Kündigung gelten die tariflichen Kündigungsfristen und ist befristet bis 31.12.2005.”

Mit Schreiben vom 8.8.2005, der Klägerin zugegangen am 10.8.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 24.8.2005.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kündigungsmöglichkeit in dem befristeten Arbeitsverhältnis sei nicht wirksam vereinbart worden. Sie habe ihre Arbeit am 11.4.2005 aufgrund einer mündlichen Absprache aufgenommen. Am 13.4.2005 sei ihr dann der Arbeitsvertrag vorgelegt worden, der eine Befristung vorgesehen habe.

Dagegen ist die Beklagte der Ansicht, die Kündigung sei schon deshalb möglich gewesen, weil die Befristung nicht schriftlich vereinbart worden sei (§ 14 Abs. 4 TzBfG).

Mit Endurteil vom 14.2.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage mit dem Feststellungsantrag, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch schriftliche Kündigung der Beklagten vom 8.8.2005, zugegangen am 10.8.2005, zum 24.8.2005 nicht aufgelöst worden sei, abgewiesen. Die Parteien hätten in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung vereinbart.

Gegen dieses dem Klägervertreter am 27.2.2006 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 10.3.2006, die sogleich begründet worden ist. Die Klägerin rügt, das Arbeitsgericht habe rechtsirrig die Vereinbarung einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit angenommen und verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.

Dagegen hält die Beklagte das Urteil für zutreffend und wiederholt außerdem ihre erstinstanzlich geäußerte Auffassung, die Befristungsabrede sei schon nach § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1.12.2004 habe die nachträgliche Unterzeichnung des befristeten Arbeitsvertrags diese Unwirksamkeit auch nicht heilen können.

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 8.3.2006, die Berufungserwiderung der Beklagten vom 15.3.2006 sowie den nachgelassenen Schriftsatz vom 19.6.2006 Bezug genommen, außerdem auf die Sitzungsniederschrift vom 1.6.2006 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 64 Abs. 2 c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist auch begründet, denn der Formularvertrag regelt nicht hinreichend klar, dass in dem Zeitraum zwischen dem Ablauf der Probezeit und dem 31.12.2005 eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit besteht, wie dies § 15 Abs. 3 TzBfG erfordert. Diese Unklarheit geht jedenfalls gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten. Die Kündigung der Beklagten konnte das Arbeitsverhältnis nicht zu einem vor dem 31.12.2005 liegenden Zeitpunkt beenden (§ 16 S. 1 Hs. 2 TzBfG), weil die Befristung zum 31.12.2005 gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unwirksam ist.

1. Nach § 15 Abs. 3 TzBfG kann ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann ordentlich gekündigt werden, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Die vertragliche Regelung übe...

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