Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel. Provision. Stufenklage
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung befasst sich zunächst mit der Frage, ob und inwieweit ein von ihnen schriftlich abgefasster Arbeitsvertrag durch spätere mündliche Erklärungen bzw. konkludente Verhaltensweisen wirksam abgeändert worden ist.
2. Weiterhin ist Gegenstand der Entscheidung die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, wonach sich der in der Vergangenheit bei deutlich über 50 % der Gesamtvergütung liegende Provisionsanteil an der Vergütung der als Autoverkäuferin beschäftigten Arbeitnehmerin sich nach den „jeweils geltenden Provisionsbestimmungen richtet, die Bestandteil des Vertrags sind”.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 28.09.2006; Aktenzeichen 23 Ca 7822/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom28.9.2006, Az.: 23 Ca 7822/05 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit Gegenstand dieses Berufungsurteils – über die vertraglichen Grundlagen des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde.
Die am 00. Juni 1964 geborene Klägerin ist seit 1.1.1997 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als PKW-Verkäuferin beschäftigt. Die Klägerin ist derzeit Mitglied des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrats.
Der am 29.11.1996 unterzeichnete Arbeitsvertrag enthält unter Ziffer 2. folgende Vergütungsregelung:
„2. Vergütung
Das monatliche Bruttoentgelt des Mitarbeiters setzt sich zusammen aus:
- einem Fixum in Höhe von 1.000,00 DM
- Provisionen gemäß den jeweils geltenden Provisionsbestimmungen, die Bestandteil des Vertrages sind.
Dem Mitarbeiter wird ein jährliches Provisionseinkommen von DM 37.068,00
garantiert. Auf die monatliche Garantieprovision in Höhe von DM 3.089,00 werden die im gleichen Monat zur Auszahlung fälligen Provisionen (incl. Ausgleichszahlung) angerechnet.
Übersteigt innerhalb des Kalenderjahres nach Zahlung einer Garantieprovision eine monatliche Provision (incl. Ausgleichszahlung) die garantierte Provision, wird der übersteigende Betrag mit gezahlter Garantieprovision verrechnet.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle anfallenden Provisionen mit im gleichen Kalenderjahr gezahlten Garantieprovisionen verrechnet.
Fallen Fixum oder Garantieprovision für Zeiträume von weniger als einem Kalendermonat an, so ist pro Tag 1/30 des Monatsbetrages zu zahlen.
Die Vergütung wird jeweils am Monatsende bargeldlos gezahlt.”
Im Jahr 1999 übernahm die Beklagte den Beschäftigungsbetrieb von der früheren Betriebsinhaberin. Nach der Betriebsübernahme führte die Beklagte ein verändertes Provisionssystem mit Wirkung vom 1. Juni 2000 ein, auf dessen Grundlage die Vergütung der Klägerin wie auch der anderen bei der Beklagten beschäftigten PKW-Verkäufer abgerechnet wurde. Mit dieser Abänderung des Provisionssystems des Anstellungsvertrags vom 29.1.96 war die Klägerin einverstanden.
Im Jahre 2000 legte die Beklagte darüber hinaus ihren Autoverkäufern einen neuen Arbeitsvertragstext vor, dessen Unterzeichnung jedoch von der Klägerin abgelehnt wurde. In § 2 Abs. 2 dieses Entwurfs (vgl. Bl. 48 ff d.A.) heißt es:
Die Höhe des Fixums, der Provisionen und der Erfolgsbeteiligung richten sich nach den jeweils geltenden Regelungen zur Vergütung von Verkäufern. Aus ihnen ergibt sich auch die Höhe des monatlich garantierten Provisionseinkommens (siehe Regelungen und Anlagen).
Mit Wirkung vom 1.7.2004 legte die Beklagte ein neues Provisionssystem vor, dessen Rechtsverbindlichkeit von der Klägerin jedoch bestritten wurde und bestritten wird. Mit Schreiben vom 6.8.2004 hat die Klägerin „der nicht vertragskonformen Berechnung der Provisionen” ab 1. Juli 2004 widersprochen.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 30.5.2005 eingegangenen Klage vom 24.5.2005 hat die Klägerin die gerichtliche Feststellung begehrt, dass ihr Arbeitsvertrag mit der früheren Betriebsinhaberin zu unveränderten Bedingungen weiter besteht unter Berücksichtigung der mit der Beklagten zum 1.6.2000 vereinbarten Provisionsregelung, ferner die Verurteilung der Beklagten zur Provisionsabrechnung ab 1.7.2004 sowie zur Zahlung der Differenz zwischen bereits bezahlter und geschuldeter Provision.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Arbeitsvertragsentwurf aus dem Jahre 2000 sei mit ihr nicht wirksam vereinbart worden. Damit habe der Arbeitsvertrag vom 29. November 1996 für ihr Arbeitsverhältnis weiterhin Gültigkeit. Außerdem sei die Beklagte nicht zur eigenmächtigen Abänderung von Provisionsvereinbarungen berechtigt gewesen. Im Hinblick darauf seien die Provisionsbestimmungen vom 1.6.2000, mit denen sie sich einverstanden erklärt habe, weiterhin gültig. Die Klägerin hat weiterhin vorgetragen, das neue Provisionssystem der Beklagten aus dem Jahre 2004 widerspreche im Hinblick auf seine Kompliziertheit dem Transparenzgebot ...