Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel. Provision. Stufenklage
Leitsatz (amtlich)
1. Die Entscheidung befasst sich zunächst mit der Frage, ob und inwieweit ein von ihnen schriftlich abgefasster Arbeitsvertrag durch spätere mündliche Erklärungen bzw. konkludente Verhaltensweisen wirksam abgeändert worden ist.
2. Weiterhin ist Gegenstand der Entscheidung die Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, wonach sich der in der Vergangenheit bei deutlich über 50 % der Gesamtvergütung liegende Provisionsanteil an der Vergütung des als Autoverkäufer beschäftigten Arbeitnehmers sich nach den „jeweils geltenden Provisionsbestimmungen richtet, die Bestandteil des Vertrags sind”.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 28.09.2006; Aktenzeichen 23 Ca 7821/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasEndurteil des Arbeitsgerichts München vom28.9.2006, Az.: 23 Ca 7821/05 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit Gegenstand dieses Berufungsurteils – über die vertraglichen Grundlagen des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.
Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der am 00. Dezember 1967 geborene Kläger ist seit 2. Januar 1995 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als PKW-Verkäufer beschäftigt. Er ist derzeit Mitglied des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates.
Der am 15. November 1994 unterzeichnete Arbeitsvertrag enthält unter Ziffer 2. folgende Vergütungsregelung:
„2. Vergütung
Das monatliche Bruttoentgelt des Mitarbeiters setzt sich zusammen aus:
- einem Fixum in Höhe von 1.000,00 DM
- Provisionen gemäß den jeweils geltenden Provisionsbestimmungen, die Bestandteil des Vertrages sind.
Dem Mitarbeiter wird ein jährliches Provisionseinkommen von DM 34.380,00
garantiert. Auf die monatliche Garantieprovision in Höhe von DM 2.865,00 werden die im gleichen Monat zur Auszahlung fälligen Provisionen (incl. Ausgleichszahlung) angerechnet.
Übersteigt innerhalb des Kalenderjahres nach Zahlung einer Garantieprovision eine monatliche Provision (incl. Ausgleichszahlung) die garantierte Provision, wird der übersteigende Betrag mit gezahlter Garantieprovision verrechnet.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle anfallenden Provisionen mit im gleichen Kalenderjahr gezahlten Garantieprovisionen verrechnet.
Fallen Fixum oder Garantieprovision für Zeiträume von weniger als einem Kalendermonat an, so ist pro Tag 1/30 des Monatsbetrages zu zahlen.
Die Vergütung wird jeweils am Monatsende bargeldlos gezahlt.”
Im Jahr 1999 übernahm die Beklagte den Beschäftigungsbetrieb von der früheren Betriebsinhaberin. Nach der Betriebsübernahme führte die Beklagte ein verändertes Provisionssystem mit Wirkung vom 1. Juni 2000 ein, auf dessen Grundlage die Vergütung des Klägers wie auch der anderen bei der Beklagten beschäftigten PKW-Verkäufer abgerechnet wurde.
Im Jahre 2000 legte die Beklagte darüber hinaus ihren Autoverkäufern einen neuen Arbeitsvertragstext vor, dessen Unterzeichnung jedoch vom Kläger abgelehnt wurde. In § 2 Abs. 2 dieses Entwurfs (vgl. Bl. 48 ff d.A.) heißt es:
Die Höhe des Fixums, der Provisionen und der Erfolgsbeteiligung richten sich nach den jeweils geltenden Regelungen zur Vergütung von Verkäufern. Aus ihnen ergibt sich auch die Höhe des monatlich garantierten Provisionseinkommens (siehe Regelungen und Anlagen).
Mit Wirkung vom 1.7.2004 legte die Beklagte ein neues Provisionssystem vor, dessen Rechtsverbindlichkeit vom Kläger jedoch bestritten wurde und bestritten wird. Dementsprechend richtete er an die Beklagte folgendes auf den 6.8.2004 datierte Schreiben:
„Sehr geehrte Herren,
ich widerspreche der nicht vertragskonformen Berechnung der Provisionen, die am 01. Juli zur Auszahlung gekommen sind. Ich bitte Sie dringend, die Provisionen bis zum 20.08.2004 neu zu berechnen und mir die geänderte Abrechnung zukommen zu lassen.”
Mit seiner beim Arbeitsgericht München am 30.5.2005 eingegangenen Klage vom 24.5.2005 hat der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsvertrag mit der früheren Betriebsinhaberin zu unveränderten Bedingungen weiter besteht unter Berücksichtigung der mit der Beklagten zum 1.6.2000 vereinbarten Provisionsregelung, ferner die Verurteilung der Beklagten zur Provisionsabrechnung ab 1.7.2004 sowie zur Zahlung der Differenz zwischen bereits bezahlter und geschuldeter Provision.
Zur Begründung hat er vorgetragen, der Arbeitsvertragsentwurf aus dem Jahre 2000 sei mit ihm nicht wirksam vereinbart worden. Damit habe der Arbeitsvertrag vom 15. November 1994 für sein Arbeitsverhältnis weiterhin Gültigkeit. Außerdem sei die Beklagte nicht zur eigenmächtigen Abänderung von Provisionsvereinbarungen berechtigt gewesen. Im Hinblick darauf seien die Provisionsbestimmungen vom 1.6.2000, mit denen er sich einverstanden erklärt habe, weiterhin gültig. Der Kläger hat weiterhin vorgetragen, das neue Provisionssystem der ...