Entscheidungsstichwort (Thema)
verhaltenbedingte Kündigung. Auflösungsantrag des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
Verhaltensbedingte Kündigung wegen Verlassen des Arbeitsplatzes; Darlegungs- und Beweislast für Entschuldigungsgründe; Auflösungsantrag des Arbeitgebers.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, § 9 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 21.02.2003; Aktenzeichen 36 Ca 6219/01) |
Nachgehend
Tenor
1.Die Berufung des Beklagten gegen dasEndurteil desArbeitsgerichts München vom21.02.2003 – 36 Ca 6219/01 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Arbeitgeberkündigung.
Die Klägerin war seit 01.10.1992 als Verwaltungsmitarbeiterin in der Schuldnerberatungsstelle des Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar.
Am 12.03.1998 wurde die Klägerin abgemahnt mit dem Vorwurf, sie habe am 06.03.1998 unentschuldigt gefehlt.
Am 29.03.2001 verließ die Klägerin gegen 10.00 Uhr ihren Arbeitsplatz und erklärte ihrer Kollegin B., sie müsse nachsehen, ob sie zu Hause ihre Herdplatte abgeschaltet habe. Später teilte die Klägerin Frau B. mit, sie nehme eine verlängerte Mittagspause in Anspruch, um zu putzen. Die Klägerin kehrte erst nach 14.00 Uhr an ihren Arbeitsplatz zurück. Am 30.03.2001 trug sie in das Abwesenheitsbuch ein, dass sie am Vortag eine verlängerte Mittagspause genommen habe.
Mit Schreiben vom 11.04.2001 kündigte der Beklagte fristlos, hilfsweise ordentlich.
Mit Urteil vom 21.01.2003 stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 11.04.2001 nicht aufgelöst worden sei. Das Verlassen des Arbeitsplatzes am 29.03.2001 sei wegen der Brandgefahr entschuldigt. Die Kündigung könne auch nicht mit der fehlenden Abmeldung der Klägerin beim Vorgesetzten begründet werden, denn insoweit wäre eine Abmahnung ausreichend gewesen. Auch bezüglich der Verlängerung der Mittagspause und der unvollständigen Mitteilung der Abwesenheit sei die Kündigung unverhältnismäßig. Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, wegen der Begründung auf die Entscheidungsgründe.
Gegen dieses dem Beklagten am 17.04.2003 zugestellte Endurteil richtet sich seine Berufung vom 23.04.2003, die am 15.05.2003 begründet worden ist.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen vor, das Arbeitsgericht sei zu unrecht davon ausgegangen, dass die Herdplatte der Klägerin angeschaltet gewesen sei. Die Version der Klägerin mit der Heizplatte und dem verkohlten Teekessel sei völlig unglaubwürdig. Außerdem rechtfertige das Verlassen des Arbeitsplatzes ohne Abmeldung beim Vorgesetzten die Kündigung. Die Klägerin sei einschlägig abgemahnt gewesen und die Abmahnung habe insbesondere wegen einer danach erfolgten und später zurückgenommenen Kündigung ihre Wirkung nicht verloren. Schließlich habe die Klägerin ihre Mittagspause nicht verlängern dürfen. Mit ihrer Eintragung vom nächsten Tag habe sie das Abwesenheitsbuch verfälscht. Abwesenheitszeiten müssten vor der Abwesenheit in das Abwesenheitsbuch eingetragen werden.
Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Zur Begründung verweist der Beklagte auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und legt eine Stellungnahme der Vorgesetzten der Klägerin, Frau S., mit einer hier zugefertigten Dokumentation vor.
Der Beklagte stellt folgende Anträge:
I. Das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 21.01.2003 – 36 Ca 6219/01 – wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Das Arbeitsverhältnis wird Zug um Zug gegen Verurteilung des Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Abfindung aufgelöst.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend. Sie habe tatsächlich am 29.03.2001 vergessen, die Herdplatte zu Hause auszuschalten. Bei Rückkehr in ihre Wohnung habe die Herdplatte geglüht und der Teekessel sei unten schon angekohlt gewesen. Nach der geltenden Gleitzeitregelung habe sie die Mittagspause verlängern dürfen. Ihre Eintragung in das Abwesenheitsbuch sei zutreffend. Die Abwesenheit vor Beginn der Mittagspause habe sie mit der Vorgesetzten Frau S. klären wollen. Auflösungsgründe lägen nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 14.05., 11.07 und 15.07.2003, der Klägerin vom 18.06. und 07.10.2003 Bezug genommen, außerdem auf die Sitzungsniederschriften vom 17.07. und 09.10.2003.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist unbegründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass schon kein Grund im Verhalten der Klägerin vorliegt, der eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen könnte (§ 1 Abs. 2 S. 1 KSchG). Erst recht fehlt es an einem w...