Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Widerspruch. Widerspruch gegen Übergang des Arbeitsverhältnisses. Unterrichtung über Betriebsübergang
Leitsatz (amtlich)
1. Die Frist für den Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gem. § 613 a Abs.6 Satz 1 beginnt nicht zu laufen, wenn die Unterrichtung über den Betriebsübergang gem. § 613 a Abs.5 BGB unzureichend ist.
2. Bei unzureichender Unterrichtung kann das Widerspruchsrecht – bis zur Grenze der Verwirkung – auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Urteil vom 25.04.2006; Aktenzeichen 1 Ca 946/05 L) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 25.04.2006 – 1 Ca 946/05 L – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen vom Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Sozialplanabfindung.
Der Kläger trat am 01.12.1989 in die Dienste der Beklagten und wurde von dieser als Maschinenbediener beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des schwerbehinderten Klägers mit Zustimmung des Integrationsamts am 30.04.2004 betriebsbedingt zum 31.05.2005. Mit Schreiben vom selben Tage teilte sie dem Kläger mit, er erhalte zum Ausgleich der durch die Kündigung entstehenden Nachteile im Austrittsmonat eine Abfindung nach Maßgabe und in Anwendung des Interessenausgleichs vom März 2004 und des Sozialplans vom 17.01.1995 einschließlich Ergänzungen; auf der Basis der heutigen Daten ergebe sich voraussichtlich ein Betrag in Höhe von 38.167,00 Euro. Mit diesem Schreiben ist auf einen Interessenausgleich einschließlich Betriebsvereinbarung über einen Transfersozialplan vom 19.03.2004 Bezug genommen, nach dessen Nummer 3 zum Ausgleich bzw. zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile infolge der Betriebsänderung die Gesamtbetriebsvereinbarung Sozialplan vom 17.01.1995 angewendet wird und Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis arbeitgeberseitig beendet wird, eine Abfindung gemäß der vorgenannten Gesamtbetriebsvereinbarung Sozialplan erhalten. Nach Ziffer V Nr. 1 des Sozialplans vom 17.01.1995 erhalten Arbeitnehmer, die nach den vorstehenden Bestimmungen ausscheiden, wegen betriebsbedingter Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Verlust eines sozialen Besitzstandes eine Abfindung im Sinne der §§ 9, 10 KSchG gemäß den nachstehenden Bestimmungen (…). Ziffer VI Nr. 1 und Nr. 2 des genannten Sozialplans sehen vor, dass Stichtag für die Berechnung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit der Tag der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist und dass der für die Berechnung der Abfindung maßgebliche Verdienst sich nach dem zuletzt maßgeblichen Bruttomonatsverdienst errechnet.
Der Kläger erhob gegen die Kündigung vom 30.04.2004 keine Kündigungsschutzklage.
Zum 01.11.2004 ging der Beschäftigungsbetrieb des Klägers auf Grund eines Betriebsinhaberwechsels auf die Firma A. GmbH über. Die Beklagte informierte den Kläger hierüber mit Schreiben vom 22.10.2004 (Anlage K5 zur Klage Bl. 11 – 14 d. A.).
Der Kläger erhob gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses bis zu dessen Ende am 31.05.2005 keinen Widerspruch und arbeitete bei der Firma A. GmbH weiter.
Am 20.05.2005 wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet, worüber die Firma A. GmbH die Arbeitnehmer mit einem Papier vom 06.06.2005 in formierte. Die Insolvenzeröffnung fand am 01.08.2005 statt.
Der Kläger machte den Anspruch auf Sozialplanabfindung mit Schreiben vom 10.06.2005 gegenüber der Beklagten geltend. Er verlangte mit Schreiben vom 06.07.2005 an die Beklagte „eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs” und teilte mit, nach deren Eingang werde er die Entscheidung treffen, ob er dem Übergang widerspreche. Dies geschah sodann – nachdem die Beklagte auf das letztgenannte Schreiben nicht reagierte – mit Schreiben des Klägers vom 27.09.2005.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung der in der Höhe unstreitigen Abfindung nach den Grundsätzen der gesamtschuldnerischen Haftung gemäß § 613 a Abs. 2 S. 1 BGB auch gegenüber der Beklagten als Betriebsveräußerin zu, da der Anspruch auf Sozialplanabfindung bereits mit Ausspruch der Kündigung vom 30.04.2004 als aufschiebend bedingter Anspruch entstanden und mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2005 fällig geworden sei. Im Übrigen ist er der Auffassung, die Information der Beklagten über den Betriebsübergang sei unzureichend. Deshalb habe er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses rechtzeitig widersprochen mit der Folge, dass sein Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung am 31.05.2005 bei der Beklagten verblieben sei.
Die Beklagte meint demgegenüber, der Anspruch auf Sozialplanabfindung sei erst mit der rechtlichen Bee...