Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer. Ausgleichsklausel
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsqualität und der Umfang der in einem Vertrag (Aufhebungsvertrag oder gerichtlichem Vergleich) enthaltenen Ausgleichsklausel sind durch Auslegung zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB, Ausgleichsklauseln können nämlich unterschiedlichen Rechtscharakter und unterschiedliche Tragweite haben. Beides ergibt sich aus den Gesamtumständen des Zustandekommens und dem von den Parteien verfolgten Zweck der Regelung.
Bei der weithin in Aufhebungsverträgen und arbeitsgerichtlichen Vergleichen üblichen generellen Abgeltungsklausel: „Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche – gleichgültig, ob bekannt oder unbekannt – von Herrn X gegen die Fa. Y und umgekehrt aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt”, handelt es sich in der Regel um ein negatives konstitutives Schuldanerkenntnis i.S.d. § 797 Abs. 2 BGB.
Eine Kondiktion des negativen konstitutiven Schuldanerkenntnisses nach § 812 Abs. 2 BGB scheidet aus, weil Rechtsgund des geleisteten Anerkenntnisses der durch gegenseitiges Nachgeben zustande gekommene Abfindungsvergleich ist, § 779 BGB.
Die Formulierung „Mit Erfüllung dieser Vereinbarung …” kann nicht dahingehend ausgelegt werden, daß es sich insoweit um eine Bedingung handelt, deren Herbeiführen ins Belieben der Beklagten gestellt ist. Bedingung i.S.d. § 158 BGB ist das Abhängigmachen eines Rechtsgeschäfts von einem zukünftigen Ungewissen Ereignis. „Mit Erfüllung dieser Vereinbarung” bedeutet daher – vom insoweit nicht eindeutigen Wortlaut noch gedeckt – nicht anderes, als daß über die in der Vereinbarung genannten Ansprüche hinaus zwischen den Parteien keine weiteren Ansprüche mehr bestehen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 797 Abs. 2, §§ 779, 158
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 01.08.1996; Aktenzeichen 27 Ca 16798/95) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom [XXXXX]1.87.1996 – 27 Ca 16798/95 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung eines restlichen Abfindungsbetrags in Höhe von DM 27.216,32 brutto nebst 10 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 16.9.1995.
Mit Vertrag vom 4.8.1995 (Bl. 3/4 d.A.) einigten sich die Parteien auf eine Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31.8.1995 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von DM 274.574,– brutto. Unter Ziffer 6 dieser Vereinbarung trafen sie dabei folgende Abgeltungsregelung:
Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche – gleichgültig, ob bekannt oder unbekannt – von Herrn … gegen die … und umgekehrt aus dem zwischen dieser und Herrn … bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt. Insbesondere können Ansprüche auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses nicht mehr geltend gemacht werden. Von dieser Regelung bleiben eventuelle Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung sowie die gegenseitigen Ansprüche aus einem Firmendarlehen unberührt.
Bereits seit Anfang 1995 waren zwischen den Parteien Gespräche über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine zuvor erfolgende Freistellung geführt worden. Außerdem war zwischen ihnen spätestens seit dem 7.2.1995 (vgl. Schreiben der Beklagten Bl. 39 d.A.) strittig, ob die Beklagte vom Kläger eine Provisionszahlung von DM 27.216,32 brutto zurückverlangen könne, die vor einem vom Kläger vermittelten definitiven Vertragsabschluß zwischen der Beklagten und der Landeshauptstadt München zur Auszahlung gelangt war.
In der Gehaltsabrechnung vom 10.8.1995 (Bl. 6 d.A.) wies die Beklagte lediglich eine Abfindungssumme über DM 247.357,68 brutto aus. Trotz Protestes des Klägers im Schreiben vom 31.8.1995 (Bl. 5 d.A.) rechnete sie gegen die vereinbarte Abfindungssumme mit der ihr ihrer Meinung nach zustehenden Provisions-Rückzahlungsforderung auf.
Nach vereinbarungsgemäßem Ausscheiden zum 31.8.1995 erhob der Kläger vor dem Arbeitsgericht München Klage auf Zahlung des Differenzbetrags zur vereinbarten Abfindung.
Mit Urteil vom 1.8.1995, auf das bezüglich des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz, der von ihnen gestellten Anträge sowie der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben.
Gegen dieses am 2.9.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2.10.1996 Berufung eingelegt und diese am 30.10.1996 begründet.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:
I. Das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 27 Ca 16798/95, vom 1.8.1995 wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 30.10.1996 und den Berufungserwiderungsschriftsatz vom 12.12.1996 Bezug genommen. Von einer weiteren Darstellung des Tatbestands wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die Beru...