Entscheidungsstichwort (Thema)

Periodische Beurteilung einer Lehrkraft. Vorgaben der Beurteilungsrichtlinien über Häufigkeit und Lage von Unterrichtsbesuchen des beurteilenden Schulleiters. Theoretische Kausalität zwischen Verfahrensfehler und Beurteilungsergebnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Berurteilungsbeitrag einer ausscheidenden Schulleiterin ist schriftlich zu dokumentieren, wenn er in eine spätere periodische Beurteilung einer Lehrkraft einfließen soll.

2. Geben die anzuwendenden Beurteilungsrichtlinien vor, dass Unterrichtsbesuche des beurteilenden Schulleiters im Unterricht der Lehrkraft mehrmals über den Beurteilungszeitraum verteilt erfolgen "sollen", so besteht ein Ermessen hinsichtlich der Häufigkeit und Lage der Besuche, das nicht gewahrt ist, wenn lediglich 2 Unterrichtsbesuche in den letzten 6 Wochen der Beurteilungsperiode stattfinden.

3. Ein Verfahrensfehler ist beachtlich, wenn er sich auf das Beurteilungsergebnis auswirken kann.

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Arbeitgeber Richtlinien über dienstliche Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler bei der Anwendung der Richtlinien nach dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an die Richtlinien gebunden. In diesem Fall hat das Gericht zu prüfen, ob die Anforderungen der Richtlinien, die mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen müssen, eingehalten sind. Es liegt dann ein beachtlicher Verfahrensfehler und keine sanktionslose Verletzung bloßer Ordnungsvorschriften vor, wenn sich der Mangel auf das Beurteilungsergebnis auswirken kann. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer verlangen, dass eine neue rechtsfehlerfreie Beurteilung erstellt wird.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; BGB § 241 Abs. 2, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Entscheidung vom 13.03.2019; Aktenzeichen 9 Ca 1861/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 13.03.2019 - 9 Ca 1861/18 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue periodische dienstliche Beurteilung zu erteilen.

Die xxxx geborene Klägerin ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern. Nachdem sie ihr Studium der katholischen Theologie an der LMU München 1990 mit dem Abschluss einer Dipl.-Theologin und der Note "sehr gut" beendete, absolvierte sie bis 1996 ihr Referendariat. Seit 2003 ist die Klägerin an den E-Schulen in A-Stadt in Teilzeit mit 13 - 14 Wochenstunden zu einer Vergütung von monatlich zuletzt 3.812,33 brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet das Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen Diözesen (im Folgenden: ABD) Anwendung. Nach deren Anlage D ist die dienstliche Beurteilung und Leistungsfeststellung der Lehrkräfte, Schulleitungen und Schulleiter an Katholischen Schulen wie folgt geregelt:

"Abschnitt A: Dienstliche Beurteilung und Leistungsfeststellung der Lehrkräfte an katholischen Schulen

1. Allgemeines

...

1.2. Grundsätze der Beurteilung

1.2.1 Beurteilen heißt, Beobachtetes unter bestimmten Gesichtspunkten zu bewerten. Ein fundiertes Urteil über eine Lehrkraft kann nur aufgrund mehrfacher, sich über den gesamten Beurteilungszeitraum erstreckender Beobachtungen abgegeben werden.

1.2.2 Dienstliche Beurteilungen erfüllen ihren Zweck nur, wenn sie nach objektiven Gesichtspunkten, d.h. nach den Geboten der Gleichmäßigkeit, Gerechtigkeit und Sachlichkeit, erstellt werden. Dazu gehört auch eine Vergleichbarkeit der Beurteilungsergebnisse auf der Ebene der Bayerischen Diözesen. ... Dabei ist zu vermeiden, dass erstmals zum Ende des Beurteilungszeitraums Mängel angesprochen werden. Sie sind ggf. rechtzeitig anzusprechen und Möglichkeiten zur Abhilfe aufzuzeigen, damit die Mängel abgestellt werden können. Das diesbezüglich Veranlasste ist zu dokumentieren. ...

2. Inhalt der Beurteilungen, Beurteilungsmaßstab und Bewertung

Dienstliche Beurteilungen sind die periodische Beurteilung, die Zwischenbeurteilung und die Anlassbeurteilung, ... Im Einzelnen wird hierzu folgendes bestimmt:

...

2.2 Beurteilungsmerkmale

Die dienstliche Beurteilung hat sich entsprechend Art. 5 Abs. 2 LlbG auf die Beurteilungsmerkmale der fachlichen Leistung sowie der Eignung und Befähigung der Lehrkraft zu erstrecken. Die Einzelmerkmale, die der Erfassung von Leistung, Eignung und Befähigung dienen und auf die jeweils einzugehen ist, werden im Folgenden aufgeführt. Ergänzt werden die staatlichen Beurteilungsmerkmale durch Leistungsbeschreibungen und -anforderungen, wie sie für katholische Schulen maßgeblich ... sind. Zu bedenken ist, dass die der Erfassung der Beurteilungsmerkmale dienenden Gesichtspunkte nicht streng voneinander getrennt, sondern eng miteinander verknüpft sind und sich teilweise überschneiden.

2.2.1 Beurteilung der fachlichen Leistung

1. Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung

Bei...

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